Kurz & knapp Prüfergebnisse vom Labor für Biomechatronik der FH Münster bestätigen: Die neuartige SecuTec Genu Flex stabilisiert das Kniegelenk zuverlässig nach dem 4-Punkt-Prinzip. Die teilflexible Orthese hat die gleichen mechanischen Stabilisierungseffekte wie die bewährte Hartrahmenorthese SecuTec Genu – kann sich aber durch ihre Kettenglieder bei Bewegung an den Ober- und Unterschenkel anpassen. Prof. Dr.-Ing. David Hochmann und Maxim Kirillov haben das modellbasierte Prüfverfahren geleitet und gewähren Einblicke in die Testung im Labor. Sie erzählen von Herausforderungen, Erkenntnissen und Prognosen.
Orthesen·Knieschmerzen
SecuTec Genu Flex im Stabilisierungstest
Gleiche Sicherheit wie bei einem Hartrahmen
Von Bauerfeind Life am 06.08.2025

Stabilisiert die teilflexible Rahmenorthese SecuTec Genu Flex wie ihr klassisches Pendant, die Hartrahmenorthese SecuTec Genu? Prof. Dr.-Ing. David Hochmann, wissenschaftlicher Leiter des Labors für Biomechatronik der FH Münster, hat diese Fragestellung untersucht. Er ist Entwickler eines Laborprüfverfahrens für Knieorthesen und wurde 2010 für seine Dissertation „Prüf- und Bewertungsmethoden für Knieorthesen“ promoviert. Bauerfeind life sprach mit ihm und seinem Doktoranden Maxim Kirillov M. Sc. über Vergleichswerte, die Arbeit an Standards für Prüfverfahren und die Zukunft der technischen Orthopädie.
Was haben Sie im Vergleichstest mit der neuartigen SecuTec Genu Flex und der dorsalen Variante der Hartrahmenorthese SecuTec Genu herausgefunden?
Prof. Hochmann: Hinsichtlich ihrer mechanischen Stabilisierungseigenschaften ist die SecuTec Genu Flex sowohl in der Sagittal- als auch in der Horizontalebene vergleichbar mit der SecuTec Genu. Dass sich ihre beweglichen Kettenglieder an den Ober- und Unterschenkel anpassen, wenn das Knie bewegt wird, geht also nicht zu Lasten der Leistungsfähigkeit des orthopädietechnischen 4-Punkt-Prinzips.

Mit welchem Verfahren haben Sie die SecuTec Genu Flex geprüft?
Prof. Hochmann: Um die Nutzungssituation im Therapiekontext zwar vereinfacht aber realitätsnah abzubilden, werden verletzungsträchtige Belastungen geprüft, bei denen das Kniegelenk und der Bandapparat durch die Orthese stabilisiert werden soll. Dafür werden die als relevant definierten einachsigen Bewegungen, also die Anterior-Posterior-Translation und die Innen- und Außenrotation in einem Prüfstand Hilfe eines der menschlichen Anatomie nachempfundenen Beinmodells, eines anthropomorphen Phantoms, erzeugt. Die Orthese entwickelt dabei eine Stabilisierungswirkung und diese kann man anhand der resultierenden Kraft-Weg- bzw. Moment-Winkel-Kennlinien bewerten. Die Trennung von Ober- und Unterschenkel erfolgt beim Beinmodell ohne Nachbildung des Kniegelenks in Form eines Spaltes. Die Verbindung ist ausschließlich durch die Orthese gegeben, so dass die Belastungen direkt übertragen werden.

Warum war eine Vergleichssituation notwendig?
Prof. Hochmann: Eine der großen Herausforderungen ist das Fehlen normativer Vorgaben für Hilfsmittel wie Knie- oder Unterschenkelorthesen. Deshalb wurde die VDI-Richtlinie 5703 „Systematische Entwicklung modellbasierter Prüfungen für Medizinprodukte“ als Grundlage für die Prüfverfahrenentwicklung herangezogen, um reproduzierbare Aussagen und eine Robustheit gegenüber möglichen externen Einflüssen zu gewährleisten. Ohne verbindlichen Prüfungsstandard haben wir keine absoluten Bewertungsparameter, die uneingeschränkt verwendbar sind. Aus diesem Grund werden die Stabilisierungseffekte der SecuTec Genu Flex anhand eines Vergleichs mit einem bewährten Produkt wie der Hartrahmenorthese SecuTec Genu bewertet. Um zukünftig verbindliche Verfahren zu etablieren, bringen wir von der FH Münster uns in der Normungsgruppe „Laborprüfverfahren für Orthesen der unteren Extremitäten“ des Deutschen Instituts für Normung ein. Zusammen mit Bauerfeind sowie weiteren Unternehmen und Instituten erarbeiten wir einen ersten Standard.
„Hinsichtlich ihrer mechanischen Stabilisierungseigenschaften ist die SecuTec Genu Flex in der Sagittal- und in der Horizontalebene vergleichbar mit der SecuTec Genu.“
Prof. Dr.-Ing. David Hochmann
Welche Herausforderungen gab es im Prüfprozess?
Maxim Kirillov: Vor allem die Sicherstellung einer vergleichbaren Anlegesituation am Beinphantom. Dafür muss ein teilweise erheblicher Aufwand betrieben werden, denn die Gurtkräfte werden mit eigens entwickelten Sensoren kontinuierlich überwacht. Zwar war die SecuTec Genu Flex sehr leicht und im Vergleich zur SecuTec Genu insgesamt einfacher am Phantom anzulegen, aber sechs Gurtsensoren anzubringen ist schon eine Herausforderung, da ist auch die Reihenfolge wichtig. Wir haben also auch das Anlegeverfahren mitgemessen und auf Video aufgezeichnet.
Damit ein Laborprüfverfahren den Bezug zur klinischen Realität hält, muss die Wechselwirkung zwischen Patient und Hilfsmittel im Design mitmodelliert werden. Eine weitere Herausforderung stellte daher die Migration dar, die Achseninkongruenz zwischen Orthese und Knieprüfstand, die durch die konische Form des Beins noch begünstigt wurde. Das führte zu größerer Variabilität der Prüfergebnisse und störte am Ende die Trennschärfe der Bewertung. Aus diesem Grund haben wir das Beinphantom upside-down eingerichtet, also mit dem Unterschenkel oben.

Wie bewerten Sie die Innovation der SecuTec Genu Flex, also die Anpassungsfähigkeit der Rahmen am Ober- und Unterschenkel?
Prof. Hochmann: Eine der wesentlichen Limitationen der therapeutischen Wirksamkeit von Knieorthesen ist bekanntlich die Akzeptanz durch die Patienten. Alle konstruktiven Maßnahmen, die versuchen auf Patientenwünsche nach mehr Bewegungsfreiheit einzugehen, sind grundsätzlich zu begrüßen – besonders, wenn sie nicht zu einer Verschlechterung der Stabilisierungseigenschaften führen und mechanisch die gleiche Sicherheit gegeben ist. Ob diese Maßnahmen dann tatsächlich zu einer höheren Compliance und damit den besseren Therapieerfolg führen, müssen zukünftige klinische Untersuchungen zeigen.
Welche Versorgungsfortschritte hat die (Knie-)Orthetik in den letzten zehn Jahren gemacht und welche Zukunftschancen hat die technische Orthopädie?
Prof. Hochmann: Die wesentlichen Entwicklungen der technischen Orthopädie betreffen den zunehmenden Einsatz der additiven Fertigungsverfahren. Diese sind eigentlich für die Medizintechnik mit kleinen Stückzahlen wie geschaffen, Individualisierung wird dadurch kosteneffizient. Ich kann mir vorstellen, dass es in absehbarer Zeit keine Orthesen „von der Stange“ mehr geben wird und auch industriell gefertigte Knieorthesen in der Zukunft mehr individualisiert werden können, was zu einer besseren Wirksamkeit und mehr Tragekomfort führen wird.
SecuTec Genu Flex in der Knietherapie
Die SecuTec Genu Flex stabilisiert das Kniegelenk nach dem 4-Punkt-Prinzip . Ihr leichter Kunststoffrahmen besteht aus einzigartigen beweglichen Flex-Modulen, die sich an den Ober- und Unterschenkel anpassen. Mehr erfahren.

Bilder: Sven Hillert, Bauerfeind AG
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