Kompressionsstrümpfe

Die Ursachen suchen und behandeln

Versorgung von Ulcus-cruris-Patienten in Österreich

Von Bauerfeind Life Magazin am 13.04.2022

Kurz & knapp Dr. Alfred Obermayer ist als Phlebologe und Ulcus-cruris-Spezialist Oberarzt am St. Josef Krankenhaus in Wien. Sonja Koller leitet das Wundzentrum am Landesklinikum Melk. In der Kompressionstherapie von chronischen Wunden arbeiten sie schon seit Jahren mit VenoTrain ulcertec.

  • Bei der Behandlung eines Ulcus cruris ist die Suche nach der Ursache zentral. Dr. Obermayer setzt auf Duplex-Sonographie, um die ursächliche Refluxstrecke zu entdecken. Das Gefäß kann sodann verschlossen werden (Schaumsklerotherapie, LASER, Operation, etc).
  • Iatrogene Faktoren wie unsachgemäße Wundauflagen und allergieauslösende Substanzen, beispielsweise in Salben, müssen vermieden werden.
  • Eine gut angepasste Kompressionstherapie sichert den Behandlungserfolg und fördert die Compliance des Patienten.
  • Mit Befolgung der „aktiven Bettruhe“ sowie mit Verhaltensänderungen im Alltag tragen die Patienten selbst zur Gesundung bei.
  • Der VenoTrain ulcertec hat sich als hochwertige Versorgung erwiesen, sowohl aus ärztlicher und pflegerischer Sicht als auch unter dem Aspekt des Komforts für Patienten.

Ulcus cruris venosum

Ein Ulcus cruris venosum kann bei guter Diagnostik und Therapie in vielen Fällen geheilt werden. Doch oft gehen Patienten einen unnötig langen Leidensweg. Dr. Alfred Obermayer, Leiter des Karl-Landsteiner-Instituts für funktionelle Phlebochirurgie und Oberarzt am St. Josef Krankenhaus in Wien, ist Phlebologe, Spezialist für Ulkus-Chirurgie und Organisator des Wachauer Venensymposiums. Leiterin der Wundstation am Landesklinikum Melk ist Sonja Koller, MBA, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie Präsidentin der österreichischen Gesellschaft für Wundbehandlung. Im Doppelinterview sprechen sie über Diagnostik, Therapie und den Einsatz von VenoTrain ulcertec in der Behandlung des „offenen Beins“.

life: Dr. Obermayer, zu Ihnen kommen häufig Patienten, die schon eine lange Krankheitsgeschichte mitbringen. Wieso ist das immer wieder der Fall?

Dr. Obermayer: Viele Behandler sehen nur die offene Stelle am Bein als Problem, aber die Frage ist doch: Warum hat dieser Patient an dieser Stelle diese Wunde? Endogen ist sehr häufig eine insuffiziente Vene die Ursache, über die sich das sauerstoffarme Blut in die Haut staut. Inspektorisch ist die betroffene Haut gerötet, juckt und schuppt. Als Folge von chronischen Einblutungen führen Eisenablagerung zu einer Hyperpigmentierung. Hier heilen selbst kleine Verletzungen schlecht. Zusätzlich suchen wir nach exogenen Ursachen, die das Krankheitsbild verschlimmern: Viele Salben und Wundauflagen ziehen eine iatrogene Kontaktsensibilisierung nach sich. Diese direkt ins Gewebe eingebrachte, gewiss gut gemeinte Lokaltherapie kann zu Stagnation der Heilung bzw. Progredienz der Ulzeration führen. Bekanntlich wehrt sich unser Immunsystem gegen körperfremde Substanzen.

Dr. Alfred Obermayer und die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Sonja Koller wissen um die Schwierigkeiten bei der Behandlung des Ulcus cruris venosum: Geeignete Kompression verkürzt den Leidensweg der Patientinnen und Patienten.

Welche endogenen Ursachen kommen hinzu?

Dr. Obermayer: Der Sachverhalt ist ganz einfach: Der durch die Schwerkraft hervorgerufene hydrostatische Druck beeinträchtigt in gesunden Venen die Mikrozirkulation der Haut nicht. Sind Venenklappen defekt, kann dieser Druck die Mikrozirkulation der Haut beeinträchtigen. Die Schwerkraft ist das Problem – in der Schwerelosigkeit bekommen Sie kein offenes Bein. Auf der Erde aber strebt jeder Tropfen Flüssigkeit nach unten. Sind nun Venen insuffizient, erhöht sich der Druck in den Kapillaren. Proteine und Entzündungszellen gelangen in das Gewebe und führen zu Ödemen und einer Inflammation. In der Folge wird die Haut nicht mehr gut versorgt. So entsteht ein Ulkus. Die meisten Patienten, die ich sehe, wurden noch nie hämodynamisch abgeklärt.

Welche Untersuchungsmethode ist die richtige?

Dr. Obermayer: Wir überprüfen mit Ultraschall, woher der Druck kommt. Wir nennen die Suche nach der Quelle „Sourcing“. Wenn man die Refluxstrecke identifiziert hat, wo der Druck entlanggeht und das verbrauchte sauerstoffarme Blut von innen gegen die Haut drückt, dann kann man diese zuführende Vene ausschalten, etwa durch schallgezielte Schaum­sklerotherapie. Ist dieses Gefäß verödet, herrschen wieder normale Verhältnisse und die Wundheilung setzt ein.

Für Dr. Obermayer ist eine Kruste der beste Okklusiv­verband. Der Heilungsverlauf wird kontinuierlich kontrolliert.

Mehrjährige frustrane Behandlungen können also doch ein gutes Ende finden?

Dr. Obermayer: Sicher, es gibt keinen Grund, sich zehn Jahre mit einem offenen Bein zu quälen. Es kommt aber noch ein sehr wichtiger Punkt hinzu: die Kompressionstherapie. Wenn man ein Bein mit einem Ulkus gut komprimiert, dann geht die Schwellung zurück, das Exsudat nimmt ab, das Ulkus wird trocken, die Heilung setzt ein.

Koller: Hier finden wir aber oft inadäquate Therapieansätze vor. Wenn wir die Patienten nach der bereits durchgeführten Diagnostik fragen, war da meist nicht viel. Es stürzen sich viele Behandler auf das Ulkus. Jeder hat eine Meinung, welcher Verband da draufkommen soll. Und damit beginnt ein oft langes Leiden, das auch den psychischen Zustand erfasst, sogar zu sozialer Isolation führen kann. Wenn diese Menschen dann zu uns kommen, haben sie oft schon kein Vertrauen mehr zu Behandlern. Patienten mit chronischen Wunden sind ja nicht unbedingt die Lieblingsklientel von Ärzten. Die Wundversorgung ist sehr aufwendig und kostenintensiv. Diese Zeit und Ressourcen fehlen oft im niedergelassenen Bereich, bei Ärzten und Pflegeorganisationen. Oft werden deswegen Betroffene an andere Behandler weitergeleitet. Aber wenn eine Vertrauensbasis aufgebaut ist, dann kann man ganz viel wieder gutmachen. Auch eine Kompressionstherapie, die sie anfänglich noch rigoros ablehnten, nehmen die Patienten dann problemlos an.

Dr. Obermayer: Es geht darum, durch die Behandlung das Geschehen nicht noch zu verschlimmern. Da werden viele Wundverbände angelegt, auch Okklusivverbände. Aber was passiert? Unter Sauerstoffabschluss züchtet man sich an­­aerobe Keime heran und die Wunde beginnt, auch noch unangenehm zu riechen. Wir lassen Luft an die Wunde, um Anaerobier auszuschalten. Eine Kruste signalisiert die Konversion des nicht heilenden Ulkus. Sie ist für uns der beste Okklusivverband.

„Wenn man ein Bein mit einem Ulkus gut komprimiert, dann geht die Schwellung zurück, das Exsudat nimmt ab, das Ulkus wird trocken, die Heilung setzt ein.“

Dr. Alfred Obermayer

Wann setzen Sie Kompressionsprodukte für die Therapie ein?

Koller: Da gibt es einiges zu beachten. Wichtig ist, dass zuerst die Entstauung mit einem Verband und Kompressionsbandagen kommt und dann erst der Kompressionsstrumpf. Wenn dieser an einem ödematösen Bein angemessen wird, passt er später nicht und ist nicht effektiv. Das machen aber viele Behandler – sie verordnen den Kompressionsstrumpf am nicht entstauten Bein. Da aber kann der beste Strumpf nicht wirken, er initiiert zwar das Abschwellen, aber danach sitzt er locker. Dann stellen sich die nächsten Fragen: Kann der Betroffene den Strumpf überhaupt anlegen? Hat der oder die Betroffene arthritische Hände und benötigt Hilfe beim Anziehen? Oder: Zieht der Patient den Strumpf überhaupt zur richtigen Tageszeit an, also morgens? Oder erst mittags, wenn das Bein schon wieder geschwollen ist? Und grundsätzlich muss sorgfältig geprüft werden: Ist der verordnete Strumpf der richtige? Wir sehen oft, dass Größe, Länge, Umfang einfach falsch sind.

Über ein Jahr hinweg dauerte die Behandlung einer 73-jährigen Patientin mit einem Ulkus im Innenknöchelbereich. Schallgezielte Schaumsklerotherapie, Wundsäuberung, Verbände und kontinuierliche Kompression sorgten für die Abheilung.

Gibt es für jedes Bein den richtigen Strumpf?

Koller: Ich sage es anders: Nicht jedes Bein ist für einen Strumpf in Seriengröße geeignet. Manchmal haben die Beine Formen angenommen, wo es eines Maßstrumpfs bedarf. Aber von solchen sehr schweren Fällen abgesehen, sichert und erhöht ein hochwertiger Kompressionsstrumpf in der Weiterversorgung die Lebensqualität der Patienten. Wir gewöhnen unsere Patienten sukzessive daran: Zunächst geben wir ihnen zwei Unterziehstrümpfe – am Tag tragen sie zwei übereinander, das entspricht Kompressionsklasse 2, in der Nacht nur einen. Wenn die Patienten daran gewöhnt sind, stellen wir sie auf das komplette Kompressionsstrumpfsystem, also insgesamt auf Kompressionsklasse 3, um.

Dr. Obermayer: Aus meiner Sicht ist der VenoTrain ulcertec ein großer Wurf, ein tolles hochwertiges Produkt, denn die Kombination aus dem leichteren Unterstrumpf und dem festeren Überstrumpf für den Tag ist perfekt. Da die Kompressionstherapie aus ärztlicher Sicht so wichtig ist, kann gar nicht überschätzt werden, welche Bedeutung dementsprechend ein Kompressionsprodukt hat, das die Patienten auch tragen wollen, weil es einen gewissen Komfort bietet.

Frau Koller, Sie haben Ihre Masterarbeit über die Nebenwirkungen von Kompression geschrieben: Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen?

Koller: Das können beispielsweise Druck- und Abschnürungsproblematiken sein. Deshalb muss ein Kompressionsstrumpf mit Sorgfalt verordnet und angemessen werden. Sonst kommt es leicht zu Problemen an der Achillessehne oder der Tibialis-anterior-Sehne. Auch muss diagnostiziert werden, ob ein Ulcus cruris venosum vorliegt oder vielleicht ein Ulcus cruris mixtum, bei dem auch die arterielle Durchblutung herabgesetzt ist. Und besonders vorsichtig muss man bei Fällen mit einer Neuropathie sein: Diese schädigt zuerst die schmerzleitenden Fasern, der Patient spürt den Druck oder die Einschnürung gar nicht.

Wie viel Mitarbeit erwarten Sie von Ihren Patienten?

Dr. Obermayer: Wir haben am Karl-Landsteiner-­Institut für funktionelle Phlebochirurgie Übungen im Liegen ausgearbeitet, die wir „aktive Bettruhe“ nennen. Diese wenden wir additiv sowohl zur konservativen, besonders aber zur operativen Ulkustherapie mit überaus großem Erfolg an. Dabei trägt der Patient seinen Kompressionsstrumpf und er macht im Liegen Übungen: Fahrradfahren, Beinkreisen, zusammen mit Atemübungen und Training für den Oberkörper. Nach zwei Tagen erkennt man das Bein nicht wieder! Genau wie der Patient dann weiter die Kompressionstherapie befolgen muss, soll er auch dieses Übungsprogramm weitermachen. Aber auch eine Modifikation von Alltagsgewohnheiten ist wichtig. Beispielsweise, dass man sich mittags, wenn man ausruhen will, nicht an den Tisch setzt, sondern die Beine hochlagert. Der Kreislauf holt sich das Wasser zurück. Auch auf solche vermeintlichen Kleinigkeiten kommt es an.

Wie bleibend ist der Heilungserfolg?

Dr. Obermayer: Sehr gut, sehr dauerhaft. Der größere Teil unserer Patienten hat eine ganz einfache epifasziale Insuffizienz. Wenn man das Problem an der Quelle ausschaltet, ist das erledigt. Wir klären unsere Patienten aber gut auf: Dieses Bein ist das Problembein. Wenn es schuppt, rot wird, ein Hitzegefühl auftritt, eine Verletzung da ist o.ä., dann kommen Sie bitte. Häufig können wir das Problem frühzeitig abfangen. Heikler ist das bei Patienten mit postthrombotischem Syndrom: Aber mit einer guten Kompressionstherapie haben auch sie gute Chancen, dass das Ulkus zubleibt. Aber sie müssen besonders vorsichtig sein, an diesem Bein herrschen andere Gesetze!

VenoTrain ulcertec Der beste Verband ist ein Strumpf

VenoTrain ulcertec unterstützt die Wundheilung. Er besteht aus einem Ober- und einem Unterstrumpf. Der Unterstrumpf wird Tag und Nacht getragen, denn er fixiert die Wundauflage und stellt mit einem niedrigen Ruhedruck die Basiskompression sicher. Während des Tages trägt der Patient zusätzlich den Oberstrumpf. Beide Komponenten zusammen gewährleisten die Einhaltung des vom Arzt festgelegten Anpressdrucks im Knöchelbereich. Die Bewegungsfreiheit im Sprunggelenk wird vergleichsweise wenig beeinträchtigt. Der Oberstrumpf besteht aus einem speziell von Bauerfeind entwickelten Rhomboidgestrick: Seine Struktur, vergleichbar einem Scherengitter, leistet in der Bewegung einen hohen Arbeitsdruck. Für verschiedene therapeutische Bedürfnisse gibt es den VenoTrain ulcertec in zwei Ausführungen unterschiedlich starken Fesseldrucks (Ruhedruck): VenoTrain ulcertec 39 und VenoTrain ulcertec 46. Für Fälle, in denen sich die Ödeme in den Oberschenkel verlagert haben, ist die Variante AG von VenoTrain ulcertec (mit schenkellangem Unterstrumpf) im Sortiment. Für den Komfort der Patienten wichtig sind das hautfreundliche, bis 95 °C waschbare Material des Unterstrumpfs und das leicht an- und abzulegende Gestrick des Oberstrumpfs. Schwitzen, Juckreiz und Einschnürungen werden reduziert. Dank des verhältnismäßig dünnen Materials kann VenoTrain ulcertec in normalen Schuhen getragen werden. In jedem Set sind zwei Unterstrümpfe enthalten.

Bilder: Bauerfeind, Dr. Alfred Obermayer

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