Kompressionsstrümpfe·Venenbeschwerden

»Der Kompressionsstrumpf ist mein wichtigstes Tool«

Der phlebologische Standardfall

Von Bauerfeind Life Magazin am 09.11.2022

Kurz & knapp Dr. Erika Mendoza, Allgemeinärztin mit einer Venenpraxis in Wunstorf bei Hannover, setzt bei der Behandlung von Besenreisern und Krampfadern auf Kompressionsstrümpfe der Klassen 1 und 2: „Haben Patienten keine Beschwerden, beobachten wir die Beine einige Jahre und passen die Kompressionsversorgung gegebenenfalls an“. Dabei betont die sie: Alle Ärzte und Mitarbeiter im Sanitätsfachhandel sollten jeden Termin nutzen, die Beine ihrer Patienten zu kontrollieren, um Veränderungen frühestmöglich behandeln zu lassen. Was zählt, ist das Patientenwohl. Mediziner sollten immer bereit sein, Patienten weiterzuvermitteln, wenn sie selbst eine Behandlung nicht anbieten. Dafür stand auch das Motto der Jahrestagung der DGP 2022: „Choosing wisely in der Phlebologie“. Ist eine OP unumgänglich, wendet Dr. Erika Mendoza bevorzugt die schonende CHIVA-Methode an, die den Blutfluss korrigiert und die Vene erhält.

Wann ist bei Krampfadern ein chirurgischer Eingriff notwendig? Wann genügt es, Kompressionsstrümpfe zu tragen? Mit ihrer Erfahrung aus über 25 Jahren in der Venenheilkunde hat Dr. Erika Mendoza die Antworten auf diese Fragen und appelliert daran, die Beine genauer in den Blick zu nehmen. 

Dr. Erika Mendoza ist Allgemeinärztin, Phlebologin und seit 1997 Inhaberin der Venenpraxis Wunstorf. 

Allein die Existenz einer Krampfader ist für Dr. Erika Mendoza noch lange kein Grund, sie gleich chirurgisch zu behandeln. „Haben die Patienten keine Beschwerden und weiteren Symptome, können wir das auch drei, vier Jahre lang beobachten“, sagt die Allgemeinärztin, die im niedersächsischen Wunstorf eine Venenpraxis betreibt. „Ich erspare ihnen so eine OP und empfehle stattdessen, zum Beispiel bei der Arbeit Kompressionsstrümpfe zu tragen.“ Womit die Ärztin Venenprobleme auf keinen Fall verharmlosen möchte: „Sobald jedoch ein Patient aufgrund von Schweregefühlen oder Schwellungen das Bedürfnis habe, seine Beine hochlegen zu müssen, sollte man selbstverständlich über einen chirurgischen Eingriff nachdenken.“ Das gelte auch, wenn Juckreiz oder Ekzeme entlang der Vene auftreten oder jemand seine Krampfadern einfach hässlich findet. Weitere Gründe für einen Eingriff sieht die Ärztin bei einer oberflächlichen Venenthrombose oder wenn Untersuchungen zeigen, dass die Vene im Leistenbereich mehr als zehn Millimeter Durchmesser hat. „Dann besteht möglicherweise eine leicht erhöhte Thrombosegefahr“, warnt sie. 

Die Beine genau anschauen

In ihrer langjährigen Berufspraxis hat die Medizinerin zwei Kategorien von Erstpatienten beobachtet: auf der einen Seite Menschen mit harmlosen Besenreisern, die sich große Sorgen machen. „Und auf der anderen Seite zunehmend mehr Patienten, die Schwellungen und Hautverfärbungen viel zu lange ignorieren und erst kommen, wenn sie schon ein offenes Bein haben – gerade Männer“, bedauert Dr. Erika Mendoza. Daher appelliert sie an Ärzte und Fachleute, die die Beine ihrer Patienten sehen – seien es Gynäkologen, Dermatologen oder Hausärzte, aber auch Mitarbeiter im Sanitätsfachhandel bei der Anprobe von Kompressionsstrümpfen oder Knieorthesen: „Trotz aller Zeitprobleme sollten sie jeden Anlass, jeden Check-up, jede Vorsorgeuntersuchung nutzen, um zu kontrollieren: Nimmt ein Bein an Volumen zu, hat es sich verfärbt? Liegen sonstige Veränderungen vor?“ Das gelte auch für Patienten, die schon länger Kompressionsstrümpfe tragen. So könne man sichergehen, dass die Kompressionsklasse noch passt. „Kein Arzt sollte sich nur auf die Aussagen seines Patienten verlassen. Die persönliche Kontrolle gehört immer dazu“, betont Dr. Erika Mendoza. Denn: Venöse Erkrankungen kommen viel häufiger vor als Diabetes, 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen sind betroffen, 18 Prozent davon bewegen sich in den CEAP-Klassen C3 bis C6 mit Schwellungen, Hautverfärbungen und letztlich offenen Wunden, also einem dringend therapiepflichtigen Befund. Bei Auffälligkeiten ist dementsprechend eine Überweisung zum Facharzt angesagt.

Die richtige Kompressionsklasse wählen

Eine Schwellung im Bein kann zusätzlich zur Venenerkrankung aber auch durch andere Ursachen ausgelöst werden. Viele Menschen mit venösen Beschwerden bekommen sie, nachdem sie ein anderes Medikament zum Blutdrucksenken oder bei Parkinson erhalten haben. „Ist ein Medikamentenwechsel nicht möglich, rate ich zu Kompressionsstrümpfen Klasse 1“, sagt Dr. Erika Mendoza. Auch bei sitzender Tätigkeit genüge häufig die Kompressionsklasse 1. Ein Schlosser hingegen sei mit einem robusteren Strumpf in Klasse 2 besser bedient, ebenso Personen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 40 und mehr. Übergewicht nimmt in den letzten Jahren massiv zu, was Venenleiden verschlimmere, wie die Medizinerin betont. Patienten mit überflüssigen Pfunden empfiehlt sie neben den Kompressionsstrümpfen außerdem, mehr zu laufen und unbedingt abzunehmen. Auch nach einer OP verschreibt Dr. Erika Mendoza die Kompressionsklasse 2. „Das legt den Patienten die Ernsthaftigkeit nahe, sie tragen zu müssen. Bei der Länge ist darauf zu achten, dass die Strümpfe über den behandelten Insuffizienzpunkt hinausgehen“, rät die engagierte Ärztin und ihr ist außerdem wichtig: „Wenn jemand eine Thrombose hat, dann muss der Strumpf unbedingt getragen werden. Da kann ich gegenüber meinen Patienten sehr ernst und bestimmt sein. Als Arzt hat man Gewicht in Sachen Überzeugungsarbeit.“ Hierbei helfe es zudem, wenn man selbst in der Praxis einen Kompressionsstrumpf trägt oder zumindest ein schickes Muster vorrätig hat. 

„Nach einem chirurgischen Eingriff muss ein Patient den Kompressionsstrumpf unbedingt tragen.“

Dr. Erika Mendoza

Venenerhaltend operieren 

Kommt man um einen chirurgischen Eingriff nicht umhin, nimmt Dr. Erika Mendoza diesen auch in ihrer Praxis vor. Wenn die Patienten die Besenreiser extrem störend finden, die Stammvene dahinter aber noch in Ordnung ist, könne etwa eine Verödung sinnvoll sein. Ist eine Stammvene betroffen, die noch nicht voroperiert ist, wendet sie die schonende CHIVA-Methode1 an. Dabei bleiben die Stammvenen im Bein vollständig erhalten und stehen dem Kreislauf weiterhin zur Verfügung. In Deutschland gehörte Dr. Erika Mendoza Ende der 90er-Jahre zu den Ersten, die nach dieser Methode operierten. „Studien zeigen, je weniger von der Stammvene zerstört wird, desto seltener treten Rezidive auf.“  

Zusammenfassend sagt die Ärztin: „Der Kompressionsstrumpf ist mein wichtigstes Tool.“ Dabei komme es sehr darauf an, dass der Strumpf exakt vermessen ist und der Patient – im Sanitätshaus oder in der Arztpraxis – das korrekte Anziehen lernt. Und sie wiederholt ihren Aufruf an alle im Gesundheitswesen Tätigen: „Aufmerksam werden auf venöse Erkrankungen bedarf nur eines Blickes. Also Augen offen halten und Veränderungen wahrnehmen. Wir müssen den Menschen als Ganzes sehen. Dann können wir schon mit wenig Aktion sehr viel Reaktion erreichen!“

„Choosing wisely“ – das Patientenwohl im Blick

life: Frau Dr. Mendoza, Sie waren Präsidentin der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP) in Hannover. Wie ist das Motto „Choosing wisely in der Phlebologie“ zu verstehen?

Dr. Erika Mendoza: Choosing wisely ist ein fester Begriff für den Mut, eine medizinische Leistung nicht auszuführen. Und: Bietet man in seiner Praxis eine Behandlung nicht an, sich nicht zu scheuen, den Patienten weiterzuvermitteln. Das Motto soll dazu anspornen, klug zu entscheiden, was dem Patienten am besten hilft.

Ein wichtiges Anliegen ist es Dr. Erika Mendoza, dass der Patient mit dem richtigen Anlegen der Kompressionsstrümpfe vertraut gemacht wird.

Wie kann eine Tagung dies unterstützen?

Dr. Erika Mendoza: Die Tagung ist eine Chance, dass sich Vertreter verschiedener relevanter Disziplinen wie Dermatologie, Angiologie, Gefäßchirurgie und Radiologie, aber auch Hausärzte treffen. Man lernt sich kennen, trifft Fachleute aus dem näheren Umkreis und kann sich austauschen, neue Verfahren diskutieren.

Warum kommt dieser Austausch im Alltag zu kurz?

Dr. Erika Mendoza: Da die Phlebologie mittlerweile nicht mehr in Krankenhäusern vertreten ist, was ich grundsätzlich richtig finde, bestehen weniger Kontakte untereinander als früher. Es gibt keine Gesprächszirkel mehr, die von den Trägern ausgegangen waren, und viel zu selten runde Tische zu Gefäßerkrankungen. Dabei ist es so wichtig, dass wir alle zusammenarbeiten, unser Hamsterrad verlassen und nach rechts und links schauen.

Vielseitige Helfer: VenoTrain micro, VenoTrain soft & soft S

Der VenoTrain micro entlastet die Venen bei leichten Beschwerden und eignet sich für Beruf und Reise, zur Prävention und in der Schwangerschaft. Der anschmiegsame Kompressionsstrumpf hat einen Mikrofaseranteil von über 50 Prozent und ist besonders weich und hautfreundlich. Er ist in vielen Farben, mit Muster und in Batikvarianten erhältlich. 

Der VenoTrain soft ist ein vielseitiger Kompressionsstrumpf für sie und ihn. Der robuste Strumpf hält hoher Beanspruchung stand, ist aber dennoch angenehm weich und hautfreundlich. Nach Operationen oder bei schwachen Venen verwöhnt er die Beine zusätzlich mit einer Massage. 

Der VenoTrain soft S berücksichtigt die Bedürfnisse überwiegend sitzender Menschen mit einer großzügig ausgearbeiteten Ferse und einem bequemen Spannbereich. Der Strumpf regt die Blutzirkulation an, indem er die Haut sanft massiert. Mit dem robusten Gestrick hält er hoher Beanspruchung stand und lässt sich auch vom
Pflegepersonal gut anlegen.

1 CHIVA steht für „Cure conservatrice et hémodynamique de l‘insuffisance veineuse en ambulatoire“. Sinngemäß übersetzt: „Venenerhaltende und blutflusskorrigierende ambulante Behandlung von Krampfadern“.

Bilder: Steffi Behrmann, Bauerfeind

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