Orthesen·Rückenschmerzen

„Nach wenigen Tagen wieder mobil“

SacroLoc bei Schambeinastfraktur

Von Bauerfeind Life Magazin am 28.07.2017

Kurz & knapp Schambeinastfrakturen können extreme, andauernde Schmerzen verursachen. Prof. Dr. med. Rolf Haaker erzielt hier mit der SacroLoc erstaunliche Behandlungserfolge.

  • Bei Patienten mit einer Fraktur des Schambeinasts können schon geringe Bewegungen starke Schmerzen auslösen.
  • Mit Hilfe der SacroLoc wird die Nutation reduziert und das Becken etwas nach vorne gekippt.
  • Die Patienten bemerken meist sofort eine evidente Schmerzreduktion und können ad hoc Gehstrecke und Schrittlänge steigern.

Der Einsatz der SacroLoc für eine Fraktur des Schambeinastes erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich. Prof. Dr. med. Rolf Haaker, Chefarzt der Klinik für Orthopädie am St.-Vincenz-Hospital in Brakel , hat damit jedoch erstaunliche Behandlungserfolge erzielt.

Schmerzlinderung ist entscheidend für die Mobilisierung bei Beckenfrakturen, so Chefarzt Prof. Dr. med. Rolf Haaker.
Schmerzlinderung ist entscheidend für die Mobilisierung bei Beckenfrakturen, so Chefarzt Prof. Dr. med. Rolf Haaker.

Bauerfeind life: Die Diagnose einer Fraktur des Schambeinastes gilt als nicht ganz einfach. Warum ist das so?
Prof. Haaker: Das liegt unter anderem daran, dass sie unter den Beckenfrakturen selten auftritt und sich dementsprechend nur geringe Patientenzahlen im ärztlichen Praxisalltag vorstellen. Hinzu kommt , dass aufgrund der komplexen anatomischen und biomechanischen Zusammenhänge im Becken die Schmerzursache oft nicht sofort deutlich wird. Betroffene Patienten klagen in der Regel über unspezifische, unerklärbare, tiefe Kreuzschmerzen. Diese Art von Rückenschmerzen ist andererseits aber weit verbreitet und verführt leicht zu einer unkorrekten Diagnose. Da kann dann vorschnell auf den Verdacht einer Spinalkanalstenose oder einer Entzündung der Bandscheibe hin behandelt werden. Mir sind Fälle von Patienten bekannt , die deshalb am Ende ergebnislos operiert wurden. Hinterher waren die Schmerzen immer noch da.

Wie lässt sich eine Schambeinastfraktur sicher erkennen?
Prof. Haaker: Auf der klassischen Röntgen­aufnahme sind solche Frakturen selbst für das gut geschulte Auge häufig nur schwer zu erkennen und werden dementsprechend leicht übersehen. Zuverlässig gelingt die Diagnose mit einer Computertomographie.

Sind Schambeinastfrakturen sehr schmerzhaft?
Prof. Haaker: Die Schmerzen können extrem sein – und andauernd. Das liegt unter anderem an der Konstruktion des Beckens. Hier verlaufen sehr viele Muskeln, die Zug auf die Knochen ausüben. Da diese Muskelbewegungen im Becken praktisch immer gegeben sind, tritt auch ständig Schmerz auf. Gehen, Sitzen, der Gang auf die Toilette, selbst das scheinbar bewegungslose Liegen im Bett können so zu einer Qual werden. Hinzu kommt die Nutation des Beckens. Da reicht bei einer Fraktur schon eine geringe Bewegung, um starke Schmerzen auszulösen.

Wie behandeln Sie eine Schambeinastfraktur?
Prof. Haaker: Wir unterscheiden zwischen einer inkompletten und kompletten Beckenringfraktur. Ist sie inkomplett , also nur der untere oder obere Schambeinast betroffen, heilt das meist innerhalb von drei Monaten von allein wieder aus. Liegt eine komplette Fraktur des Beckenrings vor, wenn etwa oberer und unterer Schambeinast oder noch andere Teile der Beckenstruktur, wie zum Beispiel das Kreuzbein, in Mitleidenschaft gezogen worden sind, muss operiert werden. Patienten, bei denen wir direkt nach einem Sturz oder einem Unfall eine isolierte Schambeinastfraktur diagnostizieren, müssen die ersten Tage das Bett hüten. Als Wichtigstes gilt es natürlich, die Schmerzen deutlich zu reduzieren, außerdem nehmen wir eine Stabilisierung des Beckens vor. Und dann heißt es, frühzeitig mobilisieren. Risiken wie Embolien sowie der Abbau an Muskelkraft und Beweglichkeit sind bei Senioren ja gut untersucht und hinlänglich bekannt. Deshalb sollte, je nach Zustand des Patienten, die Mobilisierung möglichst schnell eingeleitet werden.

Mehr Lebensqualität: Mit SacroLoc wird Bewegung wieder möglich.
Mehr Lebensqualität: Mit SacroLoc wird Bewegung wieder möglich.

Wie sehen die Stabilisierung des Beckens und die Mobilisierung genau aus?
Prof. Haaker: Dem Patienten wird schon im Bett die SacroLoc angelegt. Viele berichten, dass die Schmerzen dadurch schlagartig nachlassen. Spätestens nach fünf, sechs Tagen sollte der Patient das Bett wieder verlassen und unter physiotherapeutischer Anleitung mobilisiert werden. Je nach Allgemeinzustand an Unterarmgehhilfen oder mit dem Rollator.

Warum eignet sich die SacroLoc für diese Behandlung so gut?
Prof. Haaker: Diese Orthese dient ja unter anderem dazu, hypermobile Iliosakralgelenke, die ebenfalls heftige Schmerzen auslösen können, ruhigzustellen. Dies gelingt dadurch, dass mit Hilfe der SacroLoc die Nutationsbewegung des Beckens reduziert wird. Hinzu kommt aufgrund der Struktur der Orthese eine leichte Kompression des Beckenbereichs.

Worauf ist beim Anlegen zu achten?
Prof. Haaker: Wichtig ist , dass die Orthese vorne unterhalb der Spinae iliacae anterior superior sitzt und gut anliegt. Dadurch tritt in der Beckenregion die gewünschte Kompression auf, was, wie gesagt , die Nutation einschränkt und das Becken etwas nach vorne kippt. So lässt der Schmerzreiz eindeutig nach, manchmal verschwindet er sogar ganz. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Weniger Gabe von Schmerzmitteln, der Patient ist wieder schneller und sicherer mobil , die Lebensqualität kehrt zurück. Patienten, die schon eine ganze Weile wegen der bislang unerkannten Fraktur an heftigen, scheinbar nicht behandelbaren Schmerzen litten, fühlen sich mit der Orthese schlagartig besser. Man kann sagen, sie sehen auf einmal wieder Licht am Ende des Tunnels.

Wie reagieren die Patienten auf die SacroLoc?
Prof. Haaker: Bereits beim ersten Anlegen bestätigen uns die Patienten in der Regel , dass dadurch der Schmerz evident nachlässt. Darüber hinaus stellen wir durch die Stabilisierung des Beckenbereichs auch eine deutliche Verbesserung der Mobilität des Patienten fest. Gehstrecke und Schrittlänge können ad hoc gesteigert werden.
Die SacroLoc ist für eine Orthese dieser Art recht klein und handlich. Sie lässt sich problemlos handhaben und anpassen. So kann sie gut und schnell an den noch liegenden Patienten angelegt werden. Nach einer kurzen Einweisung durch einen Physiotherapeuten kann der Patient die Orthese selbstständig anwenden.

Wie lange sollte die SacroLoc getragen werden?
Prof. Haaker: So lange, bis der Bruch vollständig ausgeheilt ist , also etwa zwölf Wochen, ist sie täglich von morgens bis abends zu tragen.

Skeptiker befürchten, dass durch den Einsatz von Orthesen Muskelkraft abgebaut wird. Wie ist das bei der SacroLoc?
Prof. Haaker: Die SacroLoc macht es ja oft erst möglich, dass die Patienten schmerzlos auch längere Strecken gehen können. Durchs Gehen und Stehen werden dann die Rückenstrecker aktiviert und Muskelkraft trainiert.

Bilder: Stefan Durstewitz, Bauerfeind

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