Bandagen·Orthesen·Rückenschmerzen

„Wir wollen die Muskeln wieder ins Spiel bringen“

Rückenschmerztherapie

Von Bauerfeind Life Magazin am 19.02.2019

Kurz & knapp Susanne Gramatté vom Schmerzzentrum Berlin behandelt Rückenpatienten auch mit einer Kombinationstherapie.

  • Orthopädische Hilfsmittel und Physiotherapie ergänzen sich.
  • Bandagen und Orthesen schaffen oft die Voraussetzung für die Physiotherapie durch ihre schmerzlindernde entlastende Wirkung.
  • Therapiebegleitende Rückenübungen mit Bandagen und Orthesen werden auf der neuen Bauerfeind-Therapie-App gezeigt.

Zuhören, untersuchen, therapieren – jeweils gründlich. So einfach lässt sich das Erfolgsrezept der Orthopädin Susanne Gramatté am Schmerzzentrum Berlin beschreiben. Die Ärztin vertraut auf die Kombination von Physiotherapie und Bandagen oder Orthesen zur konservativen Behandlung ihrer Rückenpatienten.

Susanne Gramatté, Orthopädin am Schmerzzentrum Berlin.

Wie stehen Sie zum unspezifischen Rückenschmerz?

Susanne Gramatté: Eine Diagnose, die umstritten ist und mit der ich nicht glücklich bin. Sie steht einer gründlichen Untersuchung des Patienten oft im Weg. Schmerzen im unteren Rücken können verschiedenste Ursachen haben. Mein Anspruch ist , diese Wurzeln zu finden. Wenn kein struktureller Schaden vorliegt , woher kommt das funktionelle Problem? Ich sehe zum Beispiel häufig Fehlstellungen im Hals-, Kopf-, Kieferbereich als Auslöser oder die Muskulatur ist nicht orthograd und ähnelt einem verwrungenen Handtuch. Bei aller Beobachtung und Ursachenforschung will der Rückenschmerzpatient aber eines ganz dringend: raus aus den Beschwerden.

Wie gelingt Ihnen das?

Susanne Gramatté: Ich setze fallspezifisch Bandagen und Orthesen, aber auch medikamentöse oder manuelle Therapie ein, um den blockierenden Schmerz zu minimieren. Erst dann ist der Patient bereit , weitere Therapieschritte – und dazu zählt auch die Physiotherapie – mitzugehen. Ich erinnere mich an eine kleinschrittige Patientin mit ISG-Syndrom. Ihr Körperschwerpunkt hatte sich verschoben, die tiefe Haltemuskulatur war in einem schlechten Zustand. Das Becken kippte nach vorne, mit ständigem Zug auf die Muskulatur. Sie breche durch, klagte sie. Nachdem ich sie untersucht hatte, stellte ich eine Hilfsmittelverordnung aus. Aus dem Sanitätshaus kam die Patientin wie ausgewechselt heraus – mit einer SacroLoc zur Stabilisierung des Beckens.

Wie verläuft Ihre Therapiefindung im Einzelnen?

Susanne Gramatté: Voraus geht immer eine ausführliche Anamnese. Ich höre zu. Ich untersuche. Oft passiert dabei etwas Erstaunliches: Die Patienten sind verwundert , wenn sie Kleidung ablegen sollen. Manchen Kollegen scheinen MRT-Befunde und ein Blick auf das Gangbild schon auszureichen. Aber: Keine Diagnose durch die Hose! Ich untersuche die Patienten im Stehen, im Sitzen und im Liegen. So kann ich verschiedene Muskelgruppen ansprechen, die sonst eventuell eine Fehlhaltung kaschieren würden. Wo und wann entsteht der Schmerz? Wohin strahlt er aus? Was verstärkt ihn? Wenn ich das weiß, habe ich eine Vorstellung, ob ich physiotherapeutisch arbeiten kann, eventuell unter Hinzuziehung von orthopädischen Hilfsmitteln.

Sie reden von physiotherapeutischen Übungen mit angelegter Bandage oder Orthese?

Susanne Gramatté: Wenn das Becken durch eine Orthese entlastet wird und wieder in normaler Position steht , kann der Patient relativ beschwerdefrei trainieren. Hilfsmittel und Physiotherapie können sich ergänzen. Für diese Kombination geeignete Übungen werden auf einer neuen Therapie-App für den Rücken gezeigt , die Ärzte, unter anderem auch ich, und Physiotherapeuten gemeinsam entwickelt haben. Der Zug am Muskelansatz kann durch zirkuläre Kompression verringert werden. Die Muskeln, an die wir eigentlich ran wollen, kommen dann wieder ins Spiel.

„Ich setze fallspezifisch Bandagen und Orthesen ein (…), um den blockierenden Schmerz zu minimieren.“
Susanne Gramatté

Welche Rückenbandagen sind für Physiotherapie geeignet?

Susanne Gramatté: Die LumboTrain etwa lässt viel Bewegungsspielraum für physiotherapeutische Übungen. Sie stabilisiert zwar nicht in dem Maße wie die SacroLoc, aber ausreichend, um beispielsweise einen Hartspann in den Lendenstreckern zu entlasten. Zusätzlich aktiviert die LumboTrain andere Muskelgruppen über die Propriozeption, die wiederum die Muskulatur, die vorher noch im Hartspann war, leicht anschubst. Zudem kann sie etwas entlordosieren und dadurch die Aufrichtung der Lendenwirbelsäule einleiten. Der Patient atmet wieder durch, er wird gehalten. Wer sich gehalten fühlt , kann auch loslassen – zum Muskelaufbau. Voraussetzung ist aber: An der gereizten Stelle muss wieder Ruhe herrschen. Gelegentlich setze ich dann an der Lendenwirbelsäule auch eine Orthese ein, und zwar die LordoLoc, etwa gegen Schmerzen, die höher Richtung Brustwirbelsäule strahlen.

Wie werden die Physiotherapeuten von Ihnen eingebunden?

Susanne Gramatté: Wenn ich eine bestimmte Behandlungskette im Kopf habe, hefte ich auch schon mal ein entsprechendes Post-it an die Verordnung. Die Rückmeldungen von den Physiotherapeuten dazu sind positiv. Sie erhalten mehr Informationen zum Problem des Patienten. Wenn eine Rückenbandage oder -orthese im Einsatz ist , erwartet sie in der Regel ein Patient , mit dem sie arbeiten können, dessen Bewegungsausmaß wieder im normalen, stabilen Bereich liegt. Eine stabile Mitte ist wichtig. Fehltritte im Leben sind sonst schlecht zu kompensieren.

Bilder: Bauerfeind, privat

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