Fußbeschwerden·Orthesen

Sichtbare mechanische Stabilisierung

MRT-Studie mit Sprunggelenkorthese MalleoLoc

Von Bauerfeind Life Magazin am 17.06.2020

Kurz & knapp Eine Gemeinschaftsstudie des Universitätsklinikums Freiburg und der Universität Freiburg untersucht mittels Arthrometrie im MRT die mechanische Instabilität des Sprunggelenks. Als Stabilitäts-Parameter gilt die Gelenkkongruenz zwischen den Knorpelflächen.

  • 50 Probanden durchliefen umfassende Screenings für die Messungen im MRT in Neutral-Null-Stellung und in belasteter Funktionsstellung sowohl mit und ohne die Orthese MalleoLoc
  • Das kontrollierte, randomisierte Design zeigt, der Zusammenhang zwischen mechanischer Instabilität und dem Verlust an Gelenkkontaktfläche ist quantifizierbar.
  • Die externe Stabilisierung durch Sprunggelenkorthese MalleoLoc hat sichtbaren Einfluss auf die Gelenkkongruenz.

In einer Freiburger Studie wird zur Stabilitätsdiagnostik am Sprunggelenk geforscht. In Neutral-Null-Stellung und unter kontrollierter Belastung, mit und ohne Orthese, zeigt ein neuartiges MRT-Verfahren veränderte Kongruenzen im Gelenk. Sie sind der Schlüssel für eine quantifizierbare mechanische Instabilität. Und sie öffnen den Raum für weitere Evidenz zur stabilisierenden Wirkung der semi-rigiden MalleoLoc-Orthese.

Vorbereitung für die Messung am Universitätsklinikum Freiburg: Der Fuß mit angelegter MalleoLoc wird per Arthrometer-Schlitten unter Belastung gebracht.

Die Diagnostik des instabilen Sprunggelenks gilt als anspruchsvoll und hat in der Praxis, was insbesondere die mechanische Instabilität betrifft, ihre Grenzen und Mängel. Das erklärt das allgemein hohe Forschungsinteresse – in der Medizin wie in der Bewegungswissenschaft. Ein möglicherweise aussagekräftiger Parameter ist die Größe des Kontaktbereichs zwischen den Knorpelflächen des Sprunggelenks. Je höher deren dynamische Kongruenz ist, desto stabiler ist das Gelenk. Die messbare Kongruenz verändert sich beim lateralen Aufklappen, ist aber im Zusammenhang mit Instabilitäten und Verletzungsmechanismen noch wenig untersucht. Gleiches gilt für die Frage, inwieweit Sprunggelenkorthesen die Gelenkkongruenz beeinflussen können.
Vor diesem Hintergrund starteten im November 2019 die Klinik für Orthopädie & Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und das Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Freiburg eine neue wissenschaftliche Studie. Zwei Fragestellungen stehen im Fokus: „Wir untersuchen, inwieweit unser neu entwickeltes MRT-Verfahren belastbare quantifizierbare Aussagen zum Sprunggelenk, insbesondere zur mechanischen Instabilität, liefern kann“, erklärt Dr. med. Markus Wenning vom Universitätsklinikum Freiburg. Sein Forschungspartner PD Dr. Dominic Gehring von der Universität Freiburg fügt hinzu: „Daneben prüfen wir, inwiefern mit dem Verfahren ein quantifizierbarer Nachweis für die stabilisierende Wirkung der MalleoLoc-Orthese erbracht werden kann.“

Studienleiter Dr. med. Markus Wenning, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, und Clinician Scientist im Berta-Ottenstein-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg.

Neues dynamisches Messverfahren

Basis und messtechnischen Hintergrund der aktuellen Studie bildet ein innovatives MRT-Verfahren, das von den Forschern entwickelt und in einer Pilotstudie für die mechanische Diagnostik von Sprunggelenkinstabilitäten getestet wurde. In hochauflösenden 3D-Aufnahmen wird die Gelenkkongruenz über die Knorpelkontaktfläche (Cartilage Contact Area, CCA) horizontal, lateral und medial im Bereich von Talus, Fibula und Tibia gemessen. Das Novum dabei: Alle Messungen werden in Neutral-Null-Stellung und mittels Arthrometer-Vorrichtung in Funktionsstellung in Plantarflexion und Supination, also in gesenkter und gedrehter Fußposition, unter Belastung durchgeführt. „Die Spitzfußstellung mit Inversion geht in den Verletzungsmechanismus hinein und provoziert unter kontrollierten Bedingungen das Aufklappen des lateralen Sprunggelenks“, erläutert Dr. Dominic Gehring. „Mit den 3D-Aufnahmen vom dynamischen MRT können wir die Pathologie von Gelenkinstabilitäten viel exakter abbilden als in zweidimensionalen Röntgenaufnahmen und Stress-Sonografien“, ergänzt Dr. Markus Wenning. „Die Methodik erlaubt über die Erhebung von Normwerten hinaus außerdem auch eine Quantifizierung der Instabilität.“ Damit ließe sich – ergänzend zur klinischen Untersuchung – die Feststellung mechanischer Instabilitäten objektivieren und vor allem reproduzieren. Gerade die Differenzierung zwischen mechanischer und funktioneller Instabilität sei entscheidend für die spätere Therapie. Die Ergebnisse können somit wichtige Kriterien für die Entscheidung liefern, ob eine Operation, eine Orthese oder sensomotorische Trainingseinheiten das Mittel der Wahl sind.

Studienleiter PD Dr. Dominic Gehring vom Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Freiburg.

Stabile versus instabile Probanden

50 Personen nehmen an der kontrollierten randomisierten Gemeinschaftsstudie des Uniklinikums und der Universität Freiburg teil. Ihre Auswahl erfolgte vorab mit Hilfe umfassender Screenings zur funktionellen und mechanischen Instabilität. „Das Ziel war, zwei Gruppen zu identifizieren. Eine gesunde Population, das heißt vollkommen beschwerdefreie Menschen, die als im Sprunggelenk stabile Kontrollgruppe und Referenzbasis für Normwerte dienen können, sowie eine Gruppe, die Funktionseinschränkungen zeigt und Zeichen einer mechanischen Instabilität aufweist“, berichtet Dr. Dominic Gehring. Die Probanden absolvierten dafür diverse funktionelle Stabilitätstests wie den Y-Balance-Test und dokumentierten mittels Fragebogen ihr subjektives Stabilitätsempfinden im Alltag und Sportkontext. Zum Screening gehörten gleichermaßen manuelle Tests am Sprunggelenk, bei denen Talus-Vorschub und Talus-Kippung hinsichtlich Stabilität oder Instabilität klinisch bewertet wurden, sowie Stress-Sonografien, die zur bildgebenden Überprüfung des Aufklappungsgrads des Gelenks dienten.

In der Neutral-Null-Stellung ist die Kongruenz der Knorpelkontaktflächen (Cartilage Contact Area = CCA) hoch.

Arthrometrie im MRT mit und ohne Orthese

Beim 3D-MRT-Scan wird die Gelenkkongruenz der Studienteilnehmer am Fuß in Neutral-Null-Stellung und in Funktionsstellung unter kontrollierter Belastung mittels eines pneumatisch betriebenen Arthrometers gemessen. Luftdruckzylinder sorgen in dieser Spannvorrichtung dafür, dass eine simulierte Gewichtsbelastung je nach Gelenkstellung von bis zu 50 Kilogramm axial auf den Fuß wirkt. Anschließend fährt der Proband zusammen mit dem Arthrometer-Schlitten langsam ins MRT. Nach gut sechs Minuten ist die Messung beendet, auf dem Messbildschirm erscheint die dreidimensionale Aufnahme des Gelenks, das in Funktionsstellung sichtbar aufgeklappt ist und eine Reduzierung der Kontaktflächen zeigt. „Bei einem stabilen Probanden sind das nach unserer Vorabauswertung in der Regel um die 30 Prozent“, meint Dr. Markus Wenning. „Instabile Personen können dagegen im Vergleich in Funktionsstellung bis zu 90 Prozent ihrer Kontaktflächen verlieren.“ Die darin auch erkennbare Laxität macht die Zwangsposition im Arthrometer für Instabile einfacher als für Stabile, die mitunter irritiert sind. Der simulierte Verletzungsmechanismus ginge jedoch nie an die tatsächliche Belastungsgrenze, sondern bliebe immer im schmerzfreien, körperlich und ethisch vertretbaren Maß.
Weitere Messbedingung beim Studiendesign ist der Vergleich mit und ohne die Orthese MalleoLoc im MRT, um die Effekte einer externen Stabilisierung für eine therapeutische Intervention besser zu beurteilen.

In der belasteten Funktionsstellung klappt das Sprunggelenk lateral auf und die Knorpelkontaktflächen (CCA) verringern sich.

Bildgebende Evidenz für die Therapie

Dass die MalleoLoc als Therapiemaßnahme mit dieser neuartigen MRT-basierten Stabilitätsdiagnostik untersucht wird, hat gute Gründe: „Eine Vorgängerstudie zeigte bereits die evidente Wirksamkeit der semi-rigiden MalleoLoc in der sekundären Verletzungsprävention. Mit unserem jetzigen Verfahren können wir den mechanischen Anteil ihrer Wirkung auch visualisieren und über den Parameter der Gelenkkongruenz messen“, so Dr. Dominic Gehring. Er leitete die Untersuchung der Sprunggelenkorthese in dynamischen Stabilitätstests mithilfe einer randomisiert gesteuerten Kipp-Platte, über die Probanden liefen. Dabei wurde nachgewiesen, dass die MalleoLoc Inversionswinkel und Inversionsgeschwindigkeiten reduziert. Im entscheidenden Moment des Umknickens kann dies dazu beitragen, dass es gar nicht erst zur wiederholten Strukturschädigung beim Supinationstrauma kommt. Durch die Kipp-Platte wurde das Aufklappen des Sprunggelenks beim Gehen spontan und schnell provoziert. In der aktuellen Studie erfolgt die Belastung in gehaltener (statischer) Position aufgrund der MRT-Sequenz von circa sechs Minuten Dauer über einen wesentlich längeren Zeitraum.

Erstes Fazit und Ausblick

Die Messreihen der Freiburger Studie sind fast abgeschlossen. „Anhand der Aufnahmen sind wir optimistisch, dass unser MRT-Verfahren in der Diagnostik funktioniert“, berichten die beiden Studienleiter. „Es kann das klinische Erscheinungsbild der mechanischen Instabilität sehr gut abbilden und ist ein quantifizierbares Tool mit reproduzierbaren Ergebnissen “, so Dr. Markus Wenning. Die Pilotstudie zeigte, dass gesunde, stabile Probanden unter Belastung rund 30 Prozent Gelenkflächenkontakt verlieren. Instabile Menschen büßen hingegen zwischen 60 und 90 Prozent der Fläche ein. „Bestätigt unsere Folgestudie die Ergebnisse, wäre es beispielsweise denkbar, Patienten ab einem Kongruenzverlust von mehr als 50 Prozent als mechanisch instabil einzustufen“, erklärt der Orthopäde. „ Auch wenn es dabei zu beachten gilt, dass die Sprunggelenkstabilität neben reinen mechanischen Faktoren ein dynamischer Prozess ist, der eine dichotome Klassifizierung im Sinne von hundertprozentiger Stabilität oder Instabilität nicht möglich macht. Die klinische Relevanz dieses möglichen Cutoff-Werts muss aber natürlich in weiteren Studien überprüft werden.“ Die jetzt erhobenen Daten könnten gemäß des Studienziels als erste Normwerte angesehen werden, mit denen sich der Zusammenhang zwischen mechanischer Instabilität und dem Verlust an Kontaktfläche valide quantifizieren lässt. „Auch die stabilisierende Wirkung der MalleoLoc können wir mit dem Verfahren messen und bildgebend verifizieren. Die bisherigen Aufnahmen zeigen einen Einfluss auf die Gelenkkongruenz und wir vermuten in der Auswertung deutliche Unterschiede mit und ohne Orthese“, meint Dr. Dominic Gehring.
Im Laufe des Jahres werden Ergebnisse zur Verfügung stehen. Die Validierung der MRT-basierten Diagnostik bietet durchaus weiteres Potenzial für die Ursachenforschung individueller Symptomatiken. So sind Syndesmosen- und auch andere periartikuläre Insuffizienzen, die nicht nur auf das obere Sprunggelenk fokussiert sind, mit gängigen Verfahren bisher noch nicht abbildbar. Weitere Studien und ergänzende Messungen in anderen Gelenkstellungen könnten Licht ins Dunkel bringen. So wie eine Verbindung von klassischer Ganganalyse mit bildgebenden Verfahren zur Gelenkkongruenz neue Erkenntnisse in der Bewegungswissenschaft bringen könnte.

MalleoLoc: sicher und ideal im MRT

Die MalleoLoc stabilisiert mechanisch durch ihre asymmetrisch verlaufende Kunststoffschiene. Sie liegt leicht vor dem Außen- und hinter dem Innenknöchel an. Ihre Fixierung erfolgt per Klettgurtsystem, das in Form einer Acht um Fuß und Unterschenkel gewickelt wird. Diese Konstruktion bringt das Sprunggelenk in eine knöchern gesicherte Position und reduziert nachweislich die Supinationsbewegung. Gleichzeitig bietet die MalleoLoc einen hohen Freiheitsgrad in der Bewegung und erlaubt einen natürlichen Abrollvorgang des Fußes, da Plantarflexion und Dorsalextension nicht eingeschränkt werden. Zusätzlich stimuliert ihre plantare Zunge bei Bewegung die Fußhebermuskulatur. Die Sensomotorik wird positiv beeinflusst und eine aktive Stabilisierung erreicht, die das Risiko von Folgeverletzungen minimiert.
Für die Freiburger Studie erschien die MalleoLoc ideal wegen ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit bei dynamischen Prozessen und ihrer speziellen Konstruktion: Die flache Orthese stabilisiert das Sprunggelenk auch ohne Schuh, lässt eine Senkung des Fußes in Plantarflexion zu und weist keine MRT-beeinflussenden, ferromagnetischen Teile auf.

Bilder: Udo Schönewald, Patrick Seeger, Universitätsklinikum Freiburg, Bauerfeind

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