Fußbeschwerden·Kompressionsstrümpfe·Orthesen

Zurück zur Null-Grad-Stellung

Konservative Versorgung bei Hallux valgus

Von Bauerfeind Life Magazin am 30.10.2023

Kurz & knapp Der Hallux valgus zählt zu den verbreitetsten Diagnosen bei Fußbeschwerden. Dabei weicht die Großzehe zunehmend nach außen ab und am Zehengrundgelenk bildet sich der typische, schmerzende Ballen. Vor allem Frauen sieht Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis betroffen.

  • Zunächst erfolgt stets der Versuch einer konservativen Behandlung mit Einlage, Orthese Physiotherapie. Beispielsweise versucht er den Zeh mit der ValguLoc-II-Orthese als Nachtlagerungsschiene zurück in eine Null-Grad-Stellung zu bringen.
  • Ist eine Operation nötig, hängt die Art des Eingriffs vom Abweichungswinkel der Zehe ab. Dabei berücksichtigt Prof. Daniilidis auch Fehlstellungen in Mittel- und Rückfuß, Sprunggelenk und Knie.
  • Nach der Operation wird die Position des geradegerichteten Zehs mit der Orthese ValguLoc II geschützt. Zudem sichert eine zweiteilige, flachgestrickte VenoTrain-curaflow-Kompressionsversorgung aus Zehenkappe und Kompressionsstrumpf das postoperative Ergebnis und sorgt zudem für ein schnelles Abklingen der Schwellung und damit eine verbesserte Wundheilung.

Die Diagnose Hallux valgus ist die häufigste Vorfußdeformität und betrifft bis zu 23 Prozent der 18- bis 65-Jährigen und 35 Prozent der über 65-Jährigen.1 Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis vom OTC Orthopädie Traumatologie Centrum Regensburg erläutert, warum er bei der Behandlung zuerst den konservativen Weg geht und wie er nach einer notwendigen Operation medizinische Hilfsmittel zur Nachsorge einsetzt. 

„Wenn die Lieblingsschuhe nicht mehr passen, Druckstellen auftreten und die Schmerzen eine individuelle Grenze überschreiten, erst dann suchen viele Patienten einen Arzt auf. Die Beschwerden entscheiden dann über das weitere Vorgehen. Schließen wir nach der Diagnostik die Möglichkeiten einer weiteren konservativen Therapie aus, operieren wir den Hallux valgus“, erklärt Prof. Kiriakos Daniilidis. Alles mit dem Ziel, die Fehlstellung zu korrigieren, den Schmerz zu nehmen und die Fußfunktion wiederherzustellen. Dabei ist offensichtlich: je fortgeschrittener, desto aufwendiger und schwieriger.

Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am OTC Regensburg mit der Zusatzbezeichnung Spezielle Orthopädische Chirurgie und dem Zertifikat für Fußchirurgie der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk (D.A.F.).

Beim Hallux valgus liegt eine Deformität im Großzehengrundgelenk vor. Die Großzehe weicht zunehmend nach außen ab. Durch die X-Stellung des Zehs bildet sich der typische Ballen am Grundgelenk heraus, der am Schuh reibt. Neben kosmetischen Problemen können hier schmerzhafte Druckstellen, Hautreizungen, Schwellungen und Entzündungen entstehen. Begleitend kann ein Hallux valgus auch ein Übereinanderschieben der zweiten und dritten Zehe oder eine Krallenbildung der Kleinzehen zur Folge haben, mit typischen Schmerzen des Vorfußes (Transfermetatarsal­gie). Durch die punktuelle Fehlbelastung der Gelenke besteht zusätzlich die Gefahr von Knorpelschäden und damit einer Arthrose. „Bei sekundärem Auftreten sind oft Fußfehlstellungen wie Knicksenkspreizfuß oder Knicksenkplattfuß ursächlich. Wenn das Fußgewölbe einsinkt, hat das unweigerlich Auswirkungen auf den Rest des komplexen Gefüges im Fuß“, so Prof. Daniilidis. Die oft diskutierten Einflüsse von engem und hochhackigem Schuhwerk auf die Verstärkung eines Hallux valgus beobachtet er unter seinen Patienten ebenfalls: „Das könnte einer der Gründe sein, warum wir am OTC etwa 70 Prozent weibliche und 30 Prozent männliche Patienten mit dieser Diagnose betreuen.“

„Ob altbewährte oder hochmoderne Verfahren – es ist unsere Philosophie, immer erst die konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Operation steht für uns stets am Ende der Therapieleiter.“

Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis

Von Vorteil: kurze Wege und schnelle Versorgung

Das OTC Orthopädie Traumatologie Centrum Regensburg bezeichnet sich selbst als eines der mordernsten Ärztezentren Bayerns für Sportmedizin, Orthopädie und Unfallchirurgie. Seit 2018 ist es im neu entstandenen Dörnbergforum südwestlich der Regensburger Innenstadt beheimatet. Hier spielt auch der Wohlfühlfaktor eine erkennbare Rolle. Braun- und Beigetöne schaffen gemeinsam mit Materialien wie Glas und Holz ein angenehmes Ambiente. Schon der Empfangsbereich erinnert eher an eine Hotellobby als an eine Praxis. Auf 1.800 Quadratmetern bieten rund zwölf Ärzte, gemeinsam mit etwa 60 weiteren Angestellten, Diagnostik und Therapie für Sportverletzungen und Krankheiten am gesamten Bewegungsapparat an. Die Grundidee: alles in einem Haus anzusiedeln. Spezialisten für jeden Körperbereich können so auf gemeinsame Kapazitäten zurückgreifen – vom Röntgen bis zur Ganganalyse. Ein separates, aber auf gleicher Ebene anschließendes MRT rundet die bildgebenden Verfahren für die Diagnostik ab. Der Vorteil für die Patienten: kurze Wege und schnelle Versorgung. Zu den Behandlungsformen merkt Prof. Daniilidis an: „Ob altbewährte oder hochmoderne Verfahren – es ist unsere Philosophie, immer erst die konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Operation steht für uns stets am Ende der Therapieleiter. Und sollte diese letztlich nötig sein, führen wir sie persönlich durch.“ Dazu hat das OTC für ambulante Eingriffe zwei OPs und sechs Betten im Aufwachraum. Für stationäre Operationen verfügt das Zentrum über Belegbetten. Prof. Daniilidis ist ein Experte in seinem Fach. Nach seinen klinischen Stationen an den Universitätskliniken Münster und Marburg, war er als Sektionsleiter im Fuß- und Sprunggelenkdepartment an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig, wo er auch habilitierte und nach wie vor einen Lehrauftrag erfüllt. Sein Spezialgebiet am OTC in Regensburg sind Fuß und Sprunggelenk, ein Schwerpunkt liegt in der konservativen und operativen Behandlung des Hallux valgus. Pro Jahr führt er hier ambulant rund 350 Operationen durch, davon sind bis zu 70 Prozent Korrekturen am Großzehengrundgelenk.

„Durch den Einsatz dieser Hilfsmittel lassen sich die Ergebnisse der Operation besser absichern.“

Prof. Dr. med. Kiriakos Daniilidis

Konservativ first

Zu Beginn einer Hallux-valgus-Untersuchung erfolgt neben einer umfassenden Anamnese das Röntgen – „im Stehen, damit die Fußdeformität unter Belastung voll ersichtlich wird“, erläutert Prof. Daniilidis. „Dabei blicken wir, je nach Fall, in verschiedenen Ebenen auf den Fuß. Oft gibt es Begleitfehlstellungen wie Krallen- oder Hammerzehen. Die Achsstellung lässt sich nur im Zusammenhang mit Sprunggelenk oder gar Knie vollumfänglich beurteilen.“ Wenn es die Umstände zulassen, behandelt Prof. Daniilidis zuerst konservativ: Einlage, Orthese und Physiotherapie lautet der Dreiklang. „Ist der Hallux valgus noch flexibel, kann man beispielsweise mit einer Nachtlagerungsschiene versuchen, den Zeh in eine Null-Grad-Stellung zu bringen, damit den Band- und Muskelapparat zu entlasten und die Fehlstellung zu korrigieren.“ Er setzt dabei auf die ValguLoc-II-Orthese, deren Extensionswinkel individuell eingestellt werden kann. Um Schaft und Zeh geklettet, dehnt sie verkürzte Bänder und ermöglicht eine leichte Straffung der laxierten. Ob die konservative Behandlung zum Erfolg führt, hängt für den Arzt immer auch ein Stück weit von der Compliance sowie von der Schwere der Fehlstellung ab. Er empfiehlt die Anwendung über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Diese Spanne sieht er auch als Vorbereitungszeit auf eine mögliche Operation: „Primär versuchen wir, die Fehlstellung zu beheben und Schmerzen zu nehmen. Gelingt dies nicht, hatte der Patient eingehend Zeit, sich mit dem Gedanken an eine Operation auseinanderzusetzen und kann sich sicher sein, dass er alles versucht hat, um ohne auszukommen“, führt Prof. Daniilidis aus.

Je früher, desto besser

„Viele warten zu lange, ehe sie sich in Behandlung begeben. Dann sind nicht nur die Chancen der konservativen Behandlungsmethoden geringer, sondern auch der dann operativ erforderliche Eingriff größer. Zudem stellt sich die Frage, ob mit der Operation des Hallux valgus das Problem insgesamt behoben ist oder ob etwa der Mittel- und Rückfuß immer noch pathologisch sind, was die Rezidivgefahr natürlich erhöht“, so der erfahrene Fußchirurg. Ziel jeder Operation ist, die Gelenkachsen wieder geradezustellen und die Schmerzen zu stoppen. Orientiert an den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, wählt er dann je nach Art und Schwere der Fehlstellung eine zielführende Methode – stets abhängig von HV- und IM-Winkeln (s. Kasten S. 31). Dabei versucht er, so gelenkerhaltend wie möglich vorzugehen, führt unterstützend Korrekturosteotomien an Schaft oder Rückfuß durch und bedient sich dem ganzen Spektrum der Möglichkeiten – notfalls bis zur Versteifung der Zehe. 

Bereits vor der Operation erhalten die Patienten des OTC eine OP-Mappe mit allen Terminen zu Eingriff und Nachsorge. Ebenfalls enthalten sind Rezepte für entsprechende Versorgungen und für die Physiotherapie. Prof. Daniilidis: „Kontrolluntersuchungen mit Röntgenüberprüfung führen wir nach zwei, vier und sechs Wochen durch, dann, je nach Befund, nach drei oder sechs Monaten abschließend.“ Bei der Nachsorge setzt der Mediziner ebenfalls auf Hilfsmittel, auch aus dem Hause ­Bauerfeind. Neben der Orthese ValguLoc II, mit der die korrigierte Position des Großzehs geschützt wird, verordnet er nach einer Woche postoperativ eine zweiteilige Kompressionsversorgung. Sie besteht aus einer VenoTrain-­curaflow-Zehenkappe, die wie ein Handschuh die Zehen umfasst, und einem VenoTrain-curaflow-Kompressionsstrumpf mit offener Spitze. Seine Intention dahinter: „Durch den Einsatz dieser Hilfsmittel lassen sich die Ergebnisse der Operation besser absichern.“ Denn einerseits wird die Schwellung begrenzt und damit die Wundheilung positiv beeinflusst und andererseits erhalten die frisch operierten Partien dadurch einen gewissen Halt. Gerade für das Reduzieren der Schwellung sieht Prof. ­Daniilidis die Flachstrickversorgung als besonders geeignet: „Vor allem im Fußbereich haben wir nach einer Operation immer das Problem der Stase und damit des Anschwellens. Die Schwellung behindert die Wundheilung. Im Unterschied zu Wickelverbänden kann beim Einsatz einer Kompressionsversorgung im Alltag des Patienten nichts verrutschen. Und die Akzeptanz der Patienten, die Versorgung zu tragen, ist größer. Darauf kommt es an.“ Während er die Kompression bis zum Rückgang der Schwellung als nötig erachtet, empfiehlt er das Tragen der Nachtlagerungsschiene für drei bis sechs Monate. 

Therapiepotenziale nutzen

Die Rückmeldung seiner Patienten auf den Einsatz der medizinischen Hilfsmittel sei gemischt: „Ob bei der konservativen Behandlung des Hallux valgus oder bei der postoperativen Nachsorge – nur wer die Versorgung kontinuierlich anwendet, kann auch Erfolge bemerken“, ordnet Prof. Daniilidis ein. Generell sieht er die konservative Therapie auf dem Vormarsch. Die Zeiten, in denen sofort operiert wurde, seien vorbei. Die politisch geleitete Ambulantisierung trage ebenso ihren Teil dazu bei, wie der gesellschaftliche Wunsch der Menschen, immer länger aktiv zu sein. Da gelte es, einen Gelenkersatz möglichst hinauszuschieben. „Vor diesem Hintergrund sehen wir auch, dass die Möglichkeiten der konservativen Therapie immer umfangreicher werden. War beispielsweise bei einer Achillessehnenruptur vor fünf Jahren eine Operation noch zwingend, lässt sie sich heute bei vergleichbaren Ergebnissen auch konservativ behandeln. Gleiches gilt für das klassische Umknicktrauma“, resümiert Prof. Daniilidis.

Hallux valgus

„Der Hallux valgus ist eine Fehlstellung der Großzehe mit einer Achsenabweichung nach fibular (Valgus) bei gleichzeitiger Achsenabweichung des Metatarsale I nach tibial (Varus)“, definiert die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) in ihrer S2e-Leitlinie2. Die Schwere der Deformität wird dabei entsprechend der Abweichung des Hallux-valgus-Winkels (HV) bzw. des Intermetatarsalwinkels I/II (IM) in „mild“ (IM: 11–15°, HV: 21–30°), „moderat“ (IM: 16–20°, HV: 31–40°) und „schwer“ (IM: >20°, HV: >40°) eingeteilt. Als Folge steht das Köpfchen des ersten Mittelfußknochens prominent hervor und bildet den typischen, sogenannten Ballen, der oft gerötet ist und beim Gehen schmerzt. 

1  Nix S, Smith M, Vicenzino B: Prevalence of hallux valgus in the general population: a systematic review and metaanalysis. J Foot Ankle Res, 2010; 3: 21.
2 https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-051

Flachgestrickte Maßprodukte

Die flachgestrickten Kompressionsprodukte VenoTrain curaflow helfen dabei, Schwellungen nach einer Operation zu begrenzen und die Wundheilung zu optimieren. Mit ihrer hohen Wandstabilität und einem ausreichend hohen Arbeitsdruck bieten flachgestrickte Versorgungen dem Ödem maximalen Widerstand. Die gleichmäßige Kompression von außen erhöht den Abtransport der Lymph­flüssigkeit im Gewebe und wirkt weiteren Einlagerungen entgegen. In Form der Zehenkappe – optional auch nahtlos – sichert die Kompression zudem das postoperative Ergebnis. 

Exakter Korrekturwinkel

ValguLoc II ist eine Zehenschiene mit dreidimensional verstellbarem Gelenk. Damit kann der Korrekturwinkel entsprechend dem Therapieziel und der Fußform individuell eingestellt werden. Dabei bleibt die Winkeleinstellung auch in der Abrollbewegung des Großzehs stabil. Zusätzlich kann die Orthese in 15-Grad-Schritten sowohl in Flexion als auch in Extension gesperrt werden. So kann die ValguLoc II das Großzehengrundgelenk postoperativ ruhigstellen. Zur Mobilisierung wird das Orthesengelenk wieder freigegeben. Konservativ unterstützt sie die funktionelle Therapie der Fehlstellung. Die Innenseite der anatomisch geformten Halbschale ist angenehm gepolstert und sorgt für hohen Tragekomfort. 

Bilder: Bauerfeind, Conny Kurz

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