Kompressionsstrümpfe·Venenbeschwerden
„Bei Thrombophilie-Patientinnen sofort“
Kompressionstherapie in der Schwangerschaft
Von Bauerfeind Life Magazin am 30.07.2016
Schwangere haben ein etwa sechsfach höheres Risiko, eine Thrombose zu bekommen, als nicht schwangere Frauen. Ihre behandelnden Ärzte sollten daher frühzeitig eine Versorgung mit medizinischen Kompressionsstrümpfen in Betracht ziehen.
„Kompressionsstrümpfe kenne ich schon von meiner ersten Schwangerschaft, für mich sind sie derzeit ein Muss“, erzählt Sonja L., während wir mit ihr und ihrem zweieinhalbjährigen Sohn im Park des Schlosses Blutenburg im Westen Münchens spazieren gehen. Die 37-jährige Schwangere hat eine Faktor-V-Leiden-Mutation, eine genetisch bedingte Mutation im Blutgerinnungsfaktor V (Proaccelerin). „Die Faktor-V-Leiden-Mutation ist der am weitesten verbreitete erbliche Risikofaktor für Thromboseneigung“, erklärt uns später ihr betreuender Gynäkologe Dr. med. Thomas Birkner. „Durch ihn erhöht sich bei heterozygoten Trägern die Wahrscheinlichkeit für eine Thrombose gegenüber der Normalbevölkerung um das Fünf- bis Zehnfache, bei den homozygoten Trägern sogar um das Fünfzig- bis Hundertfache.“
Gerade während der Schwangerschaft lassen Gerinnungsstörungen wie eine Faktor-V-Leiden-Mutation das Thromboserisiko zusätzlich ansteigen und können zudem Fehlgeburten auslösen. Deshalb ist für Frauen wie Sonja L. in der Regel eine Thromboseprophylaxe mit medizinischen Kompressionsstrümpfen sowie gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie – meist mit niedermolekularem Heparin – ab Feststellen der Schwangerschaft angezeigt. „Eigentlich sollte ich die Strümpfe ständig tragen. Das funktioniert mal besser und mal nicht so gut. Während der Schwangerschaft bin ich aber konsequent“, sagt die werdende Mutter.
Ausgeklügeltes System
Eine Schwangerschaft stellt für den Körper schon allein durch die hormonelle Veränderung eine Ausnahmesituation dar. „Darüber hinaus kommt es in der Schwangerschaft zu einer Hyperkoagulabilität, einer pathologisch erhöhten Gerinnbarkeit des Blutes mit erhöhter Thromboseneigung“, hebt Dr. Birkner hervor. „Etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche steigen die Gerinnungsfaktoren VII, VIII und X deutlich an, Faktor VIII kurz vor dem Geburtstermin noch einmal besonders. In dem Maße, in dem die blutgerinnungsfördernden Faktoren zunehmen, nehmen auch die Faktoren ab, die eine überschießende Blutgerinnung verhindern helfen.“ Das habe durchaus seinen Sinn, betont der Gynäkologe, denn der Körper der Schwangeren versuche, die bei der Geburt relativ schnell auftretende Wunde in der Gebärmutter möglichst schnell zu stillen. „Dies gelingt nur, wenn zum einen durch Kontraktion der Gebärmutter die Wundfläche minimiert wird und zum anderen das Gerinnungssystem deutlich hochgefahren ist.“ Leider nimmt dadurch auch das Thromboserisiko während der Schwangerschaft stetig zu und hält noch bis zu sechs Wochen nach der Entbindung an.
Thromboseprophylaxe besonders wichtig
„Auf 10.000 Schwangere kommen ungefähr 30 mit einer manifesten tiefen Beinvenenthrombose“, erklärt Dr. Birkner. „Daher ist die Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft sehr wichtig, insbesondere wenn man schon weiß, dass die Patientin – wie auch Sonja L. – eine bekannte Veränderung bei den Blutgerinnungsfaktoren aufweist. Und dann gibt es noch weitere Erkrankungen in der Schwangerschaft, die das Risiko noch mal potenzieren, wie zum Beispiel die Präeklampsie.“ Bei risikobehafteten Frauen verschreibt der Facharzt daher sofort ab positivem Schwangerschaftstest medizinische Kompressionsstrümpfe der Klasse 2. Bei allen anderen Schwangeren verschreibt er je nach Symptomatik. „Etwa jede fünfte meiner Patientinnen hat Beinbeschwerden. Für viele Frauen ist die Ödemneigung ein großes Problem. Geht die Wassereinlagerung über ein gewisses Maß hinaus, sind Kompressionsstrümpfe gefragt. Oft kommt es noch zu weiteren Beschwerden wie Schmerzen in den Beinen und diese typische glänzende Haut. Übrigens treten die Beschwerden häufiger im linken Bein auf“, weiß der Münchener Arzt aus Erfahrung. Bei plötzlichen belastungsabhängigen Schmerzen wird er besonders hellhörig: „Dann untersuche ich auf das sogenannte Homans-Zeichen hin: Wenn bei ausgestrecktem Bein und Dorsalflexion des Fußes Schmerzen in der Wade auftreten, dann könnte das ein Hinweis auf eine Thrombose sein.“
Frauen, die während der Schwangerschaft Kompressionsstrümpfe verschrieben bekommen haben, sollten diese aufgrund des bereits erwähnten fortbestehenden Thromboserisikos auch noch bis zu sechs Wochen nach der Geburt tragen, rät Dr. Birkner. Unabdingbar ist für ihn zudem eine Thromboseprophylaxe nach einem Kaiserschnitt: „Das Verhältnis der Thromboserate bei einem Kaiserschnitt im Vergleich zu einer Spontangeburt liegt bei 26 zu eins. Daher braucht jede frisch gebackene Mutter nach einem Kaiserschnitt in jedem Fall Kompressionsstrümpfe und eine entsprechende Heparinisierung.“ Die Bereitschaft seiner Patientinnen für die Kompressionstherapie sei erfreulich hoch, berichtet der Mediziner.
Gut für den Kreislauf
Auch Sonja L. spürt deutlich, dass sich das Tragen der Kompressionsstrümpfe auf ihr Wohlbefinden auswirkt und sie dadurch insgesamt weniger Beschwerden hat: „Beispielsweise fühle ich mich vom Kreislauf her frischer. Wenn ich die Strümpfe mal morgens vergesse anzuziehen, merke ich das nach spätestens zwei Stunden. Dann muss ich sie ganz schnell anziehen und einen Kaffee trinken, sonst geht der Kreislauf runter. Inzwischen würden normale Socken auch sehr einschnüren, durch die Wassereinlagerungen in den Beinen. Da sind die Kompressionsstrümpfe auch vorteilhaft.“
Und Sonja L. hat noch einen weiteren Motivationsgrund, ihre Kompressionsstrümpfe zu tragen: „Vor meiner jetzigen Schwangerschaft wurde ich am rechten Bein operiert, weil die Venenklappen sich nicht mehr geschlossen haben. Ich hatte hier eine Krampfader, die entfernt wurde. So eine Operation mit Vollnarkose möchte ich nicht wieder haben. Da ist eine Prophylaxe schon sinnvoll.“
Bilder: Conny Kurz
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