Kompressionsstrümpfe·Venenbeschwerden

Gemeinsam voran

v-WINdonesia-Weltkongress 2024

Von Bauerfeind Life am 26.08.2024

Kurz & Knapp Prof. Sergio Gianesini freut sich darauf, ganz nach dem Motto des v-WINdonesia-Weltkongresses „Together Forward“ gemeinsam mit internationalen Experten auf dem Gebiet der Phlebologie und Lymphologie ein sinnvolles Patientenmanagement voranzutreiben, das klinische Studien und Analysen von realen, weltweit gesammelten Daten einbezieht. Die richtige Kompression gilt hier als fundamentale Säule – nicht nur für Patienten, sondern auch für alle mit einem erhöhten Risiko für venöse bzw. lymphatische Hypertonie. Highlights des Interviews mit Prof. Sergio Gianesini:

  • Phlebologie und Lymphologie sind untrennbar miteinander verknüpft und erfordern ein gemeinsames Management. Aufgrund methodischer Schwächen und erheblicher Diskrepanzen bestehen große Einschränkungen bei den derzeit weltweit vorhandenen Phlebologie- und Lymphologie-Leitlinien. Die Integration der Evidenz realer Daten ist zwingend erforderlich.
  • Die Kompression ist nach wie vor eine tragende Säule im Management phlebologischer und lymphatischer Erkrankungen. Bei der Verordnung sollten nur ordnungsgemäß zertifizierte und validierte Produkte eingesetzt werden. Selbst bei gesunden Menschen, die viel stehen, hat die richtige Kompression klinische und wirtschaftliche Vorteile gezeigt.
  • Die Verbreitung von Fehlinformationen und Fake-News stellt eine Herausforderung dar, der auch in der Phlebologie und Lymphologie entgegengewirkt werden muss, wie die v-WINter Publikation aus dem Jahr 2022 verdeutlicht.
  • Der v-WINdonesia-Weltkongress auf Bali (22.–26. Oktober 2024) bietet eine exklusive Auswahl an praktischen Live-Fällen und erstklassigen Vorträgen zu zentralen Aspekten der phlebologischen und lymphologischen Versorgung und ermöglicht den Austausch mit renommierten Meinungsführern aus aller Welt.

Prof. Sergio Gianesini, führender Chirurg an der Universität Ferrara (Italien) und der Uniformed Services University of Health Sciences (Bethesda, USA), ist einer der bekanntesten Key Opinion Leader auf dem Gebiet der Phlebologie und Lymphologie. Er ist Gründungspräsident der v-WIN-Stiftung und Präsident der Union Internationale de Phlébologie (UIP) für die Amtsperiode 2023–2027. Vor dem v-WIN-Kongress im Oktober auf Bali sprach Michelle Schaub, Leiterin Produktmanagement Phlebologie, für Bauerfeind life mit ihm über Kompression, Leitlinienarbeit und Websites mit irreführenden Informationen.

Professor Gianesini, Sie wurden zum neuen Präsidenten der Union Internationale de Phlébologie (UIP) gewählt und haben dieses Amt nun bis 2027 inne. Welches sind Ihre Ziele für diese Amtsperiode?

Prof. Sergio Gianesini: Ich möchte mich weltweit für das fachgerechte Ausüben der Phlebologie und Lymphologie einsetzen und die beiden Fachbereiche vor den Clinical-Governance-Gremien der verschiedenen Nationen vertreten. Unter anderem aus diesem Grund spielen wir mit dem Gedanken, den Namen der „Union Internationale de Phlébologie“ (UIP) in „World Union of International Phlebo-Lymphology“ zu ändern, um das globale Auftreten dieser Organisation zu unterstreichen, die unter ihrem Dach 81 wissenschaftliche Gesellschaften vereint.

Sie sind außerdem Gründungspräsident der “Venous-lymphatic World International Network (v-WIN) Foundation“ und können uns sicher einiges über Ihre Netzwerk-Arbeit und die wichtigsten Gründe für den Aufbau der Forschungsdatenbank v-REGISTRY erzählen?

Prof. Gianesini: Die Venous-lymphatic World International Network Foundation wurde von mir, Prof. Chi (als Vertreter für Nordamerika und Asien) und Prof. Bottini (für Lateinamerika) gegründet.  Seit jeher heißt die Organisation alle Kolleginnen und Kollegen willkommen, die sich für den evidenzbasierten Wissensaufbau zu Phlebologie und Lymphologie in Praxis und Wissenschaft engagieren. Dies wurde eindrücklich durch den v-WIN-Kongress 2019 gezeigt, der zur Veröffentlichung eines umfangreichen Dokuments über Gemeinsamkeiten und Kontroversen bei globalen Richtlinien geführt hat, ebenso wie das Treffen 2022 zu einer Veröffentlichung eines weiteren sehr großen Papers über evidenzbasierte Daten in der Venen- und Lymphmedizin führte. Mit dem bevorstehenden v-WINdonesia-Weltkongress wird der nächste Schritt sein, eine einzigartige, mehrsprachige, globale Plattform zu schaffen. Sie soll es allen ermöglichen, reale Daten einzugeben, um dem aktuellen Bedarf an Studien und Evidenz aus dem Versorgungsalltag angemessen zu begegnen.

Michelle Schaub, Leiterin Produktmanagment Phlebologie, führte das Interview mit Prof. Sergio Gianesini für Bauerfeind life.

Welchen Stellenwert hat für Sie die Kompressionstherapie bei der Behandlung von Venenleiden?

Prof. Gianesini: Kompression ist und bleibt eine tragende Säule unseres Managementalltags in der Phlebologie und Lymphologie. Dies gilt insbesondere angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung und des zunehmenden Bewegungsmangels – das macht die Menschen anfälliger für venöse Hypertonie. Gleichzeitig ist es von grundlegender Bedeutung, dass die richtige Kompression eingesetzt wird, und zwar nicht nur in Bezug auf die Tragedauer, sondern auch hinsichtlich Stiffness und Materialqualität. Hier ist eine sorgfältige Aufklärung der Patienten und der medizinischen Fachkräfte unerlässlich. Nur so lässt sich vermeiden, dass Produkte zum Einsatz kommen, die weder ordnungsgemäß zertifiziert noch validiert sind.

Wie nehmen Sie den Wissenstransfer über die technischen Aspekte der Produkte von Hersteller zu Anwender wahr, beispielsweise über Rund- versus Flachstrick oder über die Kompressionsklassen?

Prof. Gianesini: Bei v-WIN haben wir den Kompressionsexperten immer viel Raum für Aufklärungsarbeit gegeben, um sowohl den Patienten als auch Kollegen jene Kenntnisse zu vermitteln, die leider oft nicht ausreichend berücksichtigt werden, die aber den Unterschied zwischen ‚richtiger Kompression‘ und ‚irgendeiner Kompression‘ ausmachen. Zertifizierungsaspekte und regulatorische Anforderungen sollten in unserem Bereich mehr Aufmerksamkeit bekommen, um die Verordnungen und auch die Patienten-Compliance zu verbessern. Schließlich geht diese der Literatur zufolge überwiegend wegen unpassender Versorgungen verloren, und nicht wegen des Produkts.

Welche großen Trends, welche Herausforderungen in der Welt der Phlebologie erwarten Sie?

Prof. Gianesini: Eine Herausforderung, der wir uns bei der v-WIN schon gestellt haben, ist die Validität der sogenannten Leitlinien. Tatsächlich finden wir häufig Dokumente vor, die mehr dem Charakter von Konsenspapieren als dem methodisch fundierter Leitlinien entsprechen. Damit nicht genug: Es war recht überraschend, in unserer Veröffentlichung zu diesem Thema die vielen Abweichungen in den Leitlinien unterschiedlicher Gruppen zu sehen. Dies verdeutlicht umso mehr, dass wir die globale Zusammenarbeit verstärken müssen. Die zweite Herausforderung sind die medizinischen Falschinformationen, die im Netz verbreitet werden. Laut Pubmed enthalten über 40 Prozent der medizinischen Websites Falschinformationen. Aus diesem Grund haben wir 100 Seiten veröffentlicht, die sich mit evidenzbasierter Kommunikation im Bereich der Phlebologie und Lymphologie befassen, zusammen mit 12 laiensprachlichen Seiten in verschiedenen Sprachen, die an Patienten gerichtet sind. Eine dritte Herausforderung, der wir uns verstärkt widmen müssen, ist die proaktive Zusammenarbeit mit den Unternehmen: Insbesondere bei den Medizinprodukten können Neuheiten relativ schnell auf den Markt gelangen. Aber wir brauchen eine adäquate Überwachung nach dem Inverkehrbringen, um zwischen echtem Nutzen und bloßen Werbeversprechen zu differenzieren. Dies gilt sowohl für die Phlebologie als auch für die Lymphologie, und gerade in der Verschmelzung dieser beiden Fachgebiete sehe ich einen großen Trend. Ein weiterer Trend, den ich beobachte, ist der zunehmende Einsatz von Technologien, die anscheinend vielversprechende Lösungen für die phlebologisch-lymphologische Versorgung bieten: Während dies zur Verbesserung der Therapieergebnisse zwar begrüßenswert ist, muss jedoch auch auf die angemessene Validierung und Überwachung dieser Innovationen geachtet werden. Ein wesentlicher Trend, den wir weiter vorantreiben müssen, stellt die gezielte Auswahl des Patienten für die passende Behandlung dar, die auf einer sorgfältigen Beurteilung der individuellen Risikofaktoren beruht.

Warum ist die gemeinsame Betrachtung der Phlebologie und Lymphologie so wichtig?

Prof. Gianesini: Weil die beiden aus derselben „Familie“ stammen, wie es bereits vor 10 Jahren in einem Leitartikel treffend beschrieben wurde. Wir müssen sie uns als Flüsse und Bäche vorstellen, die eng miteinander verbunden sind. Nur so können wir unseren Patienten tatsächlich zur Heilung verhelfen, anstatt nur eine krankhaft veränderte Vene oder ein betroffenes Lymphgefäß zu behandeln. Beim Einsatz von Kompression wird dies besonders deutlich: Indem wir die Makro- und Mikrozirkulation gleichzeitig ansprechen, können wir synergetisch auf beides einwirken – sowohl bei Patienten als auch bei Gesunden, bei denen das Risko besteht, dass sie eine venös-lymphatische Abflussstörung entwickeln, also z. B. bei Menschen, die berufsbedingt lange stehen müssen, bei übergewichtigen Personen und bei solchen mit Ödemneigung.

Die Gefäßsysteme und auch das Lymphsystem sind eng miteinander verbunden und sollten immer gemeinsam betrachtet werden.

Bauerfeind beim Weltkongress von v-WIN

Mit Delegationen aus 77 Ländern verspricht der v-WINdonesia-Weltkongress bereits jetzt, ein historisches Event zu werden. Das Motto lautet „Together Forward“ (gemeinsam voran). Um Prof. Sergio Gianesini werden sich renommierte Key Opinion Leader gemeinsam für eine fachgerechte Versorgung von phlebologischen und lymphatischen Erkrankungen einsetzen, wobei das Projekt ‚v-Registry Global‘ einen besonderen Schwerpunkt auf die Evidenz realer, weltweiter Daten legt.

Bauerfeind ist stolzer Partner dieser weltweiten Initiative, die den korrekten Einsatz von Kompression in den Vordergrund rückt. Ein entsprechender Spezial-Workshop bietet den Teilnehmern die Gelegenheit, ihre eigenen praktischen Erfahrungen mit Kompression vorzustellen. Alle sind herzlich eingeladen, ihre Kommentare zur bereits veröffentlichten Literatur abzugeben, zustimmende oder abweichende Ansichten mitzuteilen oder über persönliche Erfahrungen zu berichten. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bilder: privat, Andreas Wetzel

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