Kurz & Knapp Die Arthrose im Großzehengrundgelenk zählt zu den häufigsten Verschleißerkrankungen des Fußes. Bei der Therapie des Hallux rigidus ist es für Dr. Andreas Metzger wichtig, den Patienten möglichst schnell schmerzfrei und wieder mobil zu bekommen. Dazu setzt er in erster Linie auf den Einsatz spezieller Einlagen. Deren wesentliches Merkmal ist eine sogenannte Rigidusfeder, eine Materialverstärkung unter dem Großzehengrundgelenk. Je besser sie auf den Patienten abgestimmt ist, desto effektiver wirkt sie. Durch die Einlage lässt sich der degenerative Prozess nicht stoppen, aber bei etwa 70 Prozent der Betroffenen, soweit bremsen, dass sie keine weiteren Maßnahmen benötigen.
Arthrose·Einlagen·Fußbeschwerden
Beweglichkeit fördern und Schmerz stoppen
Dr. Andreas Metzger zur Therapie des Hallux rigidus
Von Bauerfeind Life am 30.10.2024
„Mobilität ist Lebensqualität“ lautet das Motto von Dr. Andreas Metzger. Der Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin mit Praxis in Nürnberg erläutert das Potenzial von Einlagen bei der konservativen Therapie der häufigsten Verschleißerkrankung des Fußes, des Hallux rigidus im Großzehengrundgelenk.
„Eine Arthrose im Großzehengrundgelenk entsteht analog zu anderen Synovialgelenken. Wie schon der lateinische Name des Hallux rigidus andeutet, wird dabei die Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk immer steifer oder es lässt sich nur noch unter Schmerzen bewegen“, sagt Dr. Andreas Metzger. Statistisch gesehen sind überwiegend Personen in der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren betroffen, Frauen etwas mehr als Männer, „was an der stärkeren Neigung zu einer valgischen Beinachse liegen könnte“, vermutet Dr. Andreas Metzger, der die Ursachen für die Ausbildung eines Hallux rigidus als multifaktoriell beschreibt. „Dieser Verschleiß rührt in der Regel von einer repetitiven Überlastung her. Wenn man zum Beispiel aufgrund einer valgischen Beinstellung oder eines Knick- oder Knicksenkfußes beim Übergang von der Stand- in die Abstoßphase zu sehr über den Innenrand des Fußes abrollt, kann dies das Großzehengrundgelenk auf Dauer beeinträchtigen. Es ist jedoch keine zwingende Folge. Diese biomechanischen Einflussfaktoren müssen in der Summe zu einer Überlastung des Gelenks führen.“ Prädestiniert sind hierfür auch Sportarten wie Tennis oder Squash, bei denen der Vorfuß durch Richtungsänderungen und damit durch wiederkehrende Belastungsspitzen beansprucht wird. Als Einfluss von außen kann zudem ungeeignetes Schuhwerk begünstigend wirken. Übergewicht kann hier als weiterer Faktor hinzukommen.
Besonderes Kennzeichen: schleichender Beginn
Die Ausbildung eines Hallux rigidus beginnt schleichend. Oftmals leiden die Betroffenen zunächst an einem Initialbewegungsschmerz, der mit andauernder Bewegung nachlässt. Mitunter kann auch ein Postbelastungsschmerz im Nachgang zu einer (sportlichen) Aktivität auftreten. Im weiteren Verlauf zeigt sich eine zunehmende Versteifung des Gelenks, insbesondere in der Dorsalflexion. „Barfußläufer oder Personen, die Vorfußsportarten betreiben und daher die Abrollbewegung intensiv ausführen, nehmen den dadurch hervorgerufenen Schmerz früher wahr. Andere Patienten spüren ihn oft erst, wenn wir bei der Untersuchung das Gelenk entsprechend durchbewegen“, erklärt Dr. Metzger und führt aus: „Wir teilen radiologisch in vier Stadien ein, ähnlich wie beim Knie nach Kellgren. Während wir zu Beginn lediglich eine Gelenkspaltverschmälerung vorfinden, treten im Weiteren immer stärkere Abnutzungszeichen der Gelenkkompartimente auf, wie z.B. osteophytäre Ausziehungen, bis letztlich der Gelenkspalt völlig aufgebraucht ist.“
„Ist die Diagnose erfolgt, stellt sich immer die Frage nach der klinischen Relevanz. Das oberste Ziel der Therapie sollte sein, den Patienten schnellstmöglich weitgehend schmerzfrei und wieder mobil zu bekommen.“
Dr. Andreas Metzger
Bei seiner Untersuchung orientiert sich der erfahrene Sportmediziner am von Zammit, Munteanu und Menz[1] beschriebenen Vorgehen. Der Anamnese und der manuellen Untersuchung folgt bei Dr. Metzger meistens eine Röntgenaufnahme zur Abschätzung des Arthrosegrads. „Wobei die empfundenen Beschwerden nicht immer mit der Höhe des Schweregrads einhergehen. Manche Sportler haben aufgrund der hohen Belastung bereits bei Grad 1 große Schmerzen, während andere erst in einem späten Stadium zu uns kommen. Ausschlaggebend ist immer die Entzündung im Gelenk, die den Schmerz verursacht.“ Um die entzündliche Aktivierung der Arthrose besser einschätzen zu können, setzt Dr. Metzger auf Ultraschall. So lassen sich eine Kapselverdickung, Ergüsse im Gelenk oder auch eine entzündliche Hyperämie der Gelenkkapsel mit der Dopplerfunktion sonografisch feststellen. CT oder MRT erachtet er dann als sinnvoll, wenn Sonderfragestellungen, wie etwa seltenere Differenzialdiagnosen oder Mischbilder, abgeklärt werden sollen. Auf mögliche Differenzialdiagnosen angesprochen, rät der Mediziner, eine Entzündung der Sesambeinchen an der Zehenunterseite abzuklären und auf Anzeichen für eine Podagra (Gichtleiden) oder rheumatische Ursachen zu achten.
[1] Zammit G.V., Munteanu S.E., Menz H.B.: Development of a diagnostic rule for identifying radiographic osteoarthritis in people with first metatarsophalangeal joint pain. In: Osteoarthritis and Cartilage 19 (2011), 939–945
In jedem Fall Einlagenversorgung
„Ist die Diagnose erfolgt, stellt sich immer die Frage nach der klinischen Relevanz. Das oberste Ziel der Therapie sollte sein, den Patienten schnellstmöglich weitgehend schmerzfrei und wieder mobil zu bekommen“, sagt Dr. Metzger. Daher gilt es, die Faktoren herauszufinden, die zur Überlastung des Gelenks geführt haben, um diese abzustellen. Darüber hinaus kann zum Bekämpfen des Schmerzes die Gabe von Schmerzmitteln, angezeigt sein. „Bei ausgeprägten Schmerzen haben sich intraartikuläre Injektionen dabei zielführender als orale Gaben erwiesen. Die Erfahrung zeigt, dass eine Injektion (Serie) mittels patienteneigenem Blutplasma (Platelet Rich Plasma – PRP), gegebenenfalls in Kombination mit Hyaluronsäuregaben, hilfreich sein kann“, so Dr. Metzger. In jedem Fall verordnet der Fußexperte bei einem Hallux rigidus dem Patienten eine spezielle Einlage.[2] Deren wesentliches Merkmal ist eine sogenannte Rigidusfeder, eine Materialverstärkung unter dem Großzehengrundgelenk, welche die Flexibilität der Schuh-Einlagen-Kombination unter dem Großzehengrundgelenk deutlich reduziert. Wichtig ist ihm dabei, dass diese Rigidusfeder weit genug nach hinten geführt wird, um die Flexionszone des Schuhs nicht unter den Mittelfuß zu verschieben. So können daraus resultierende Fehlbelastungen, etwa an der Plantarfaszie, vermieden werden. Je nach Statik des Patienten empfiehlt Dr. Metzger weitere Module, die in die Einlage integriert werden sollten. So kann eine Längsgewölbestützung dafür sorgen, dass dieses in der Standphase nicht in sich zusammensackt (sogenannte Überpronation), was zwangsläufig ein Abrollen über das Großzehengrundgelenk zur Folge hätte. Eine zusätzliche Weichbettung unter dem Großzehengrundgelenk kann die Belastung der Sesambeinchen reduzieren.
[2] Aktuelle Beispiele für Hallux-rigidus-Einlagen finden sich am Ende des Artikels.
„Die Einlage ist die zentrale Säule in der konservativen Behandlung des Hallux rigidus. Je besser sie auf den Patienten abgestimmt ist, desto effektiver wirkt sie.“
Dr. Andreas Metzger
„Die Versorgung mit einer Einlage ist eine ganz individuelle Sache. Man muss dabei schon auch die typischen Bewegungsmuster des Trägers unter dynamischen Verhältnissen berücksichtigen“, fordert Dr. Metzger. Auch die Bewegungsintensität spielt eine Rolle. Ein Leistungssportler kann anders mit der durch Einlagen veränderten Biomechanik und Hebelverhältnissen im Fuß umgehen als ein Breitensportler. Die Rigidusfeder führt zu einem verlängerten ventralen Hebelarm am Pivotpunkt des oberen Sprunggelenks und damit zu einer erhöhten Zugbelastung in der Achillessehne in der Abstoßphase. „Um Achillessehnenschmerzen zu vermeiden, müssen wir hier beraten. Zudem sollten wir sicherstellen, dass nicht eine sehr weiche Schuhzwischensohle insbesondere innenseitig die Einlagenwirkung teilweise konterkariert. Modelle mit Pronationsstütze sind dabei vorteilhaft. Es gibt heute sogar Laufschuhe mit konvexer Sohle. Dieser Trend kommt Hallux-rigidus-Patienten eigentlich entgegen“, sagt Dr. Metzger, „da diese das Abrollverhalten bei versteiftem Großzehengrundgelenk erleichtern“. Für den Alltag empfiehlt er manchen Patienten statt dem meist sehr flexiblen Businessschuh mal einen Schuh mit steiferer Sohle auszuprobieren, beispielsweise einen leichteren Wanderschuh oder Nordic-Walking-Schuh. Dies kann in frühen Stadien oftmals schon ausreichend sein.
Individuelle Versorgung und Kontrolle
„Die Einlage ist die zentrale Säule in der konservativen Behandlung des Hallux rigidus. Je besser sie auf den Patienten abgestimmt ist, desto effektiver wirkt sie“, weiß Dr. Metzger. Mit umfangreicher Erfahrung aus zahlreichen Studien hat es sich der Fußspezialist zur Gewohnheit gemacht, den modularen Aufbau der Einlage auf dem Rezept vorzugeben. „Natürlich hat der ausführende Orthopädieschuhtechniker Therapiefreiheit. Es geht hier um ein Miteinander im Sinne des Patienten.“ Wichtig ist ihm auch im Nachgang einer Versorgung nach zwei bis sechs Wochen ein Kontrolltermin in seiner Sprechstunde. „Ich möchte erfahren, wie der Träger damit zurechtkommt. Manche spüren gleich einen Effekt, andere empfinden die Einlage eher noch als ungewohnt. Wir sollten unsere Patienten dabei begleiten und selbst diese Kontrolle als Chance begreifen, eigene Erfahrung auszubauen.“ Grundsätzlich verordnet Dr. Metzger bei einem Hallux rigidus Einlagen für beide Füße. Aus zwei Gründen: Meist ist die noch nicht auffällig gewordene Seite nicht verschleißfrei und kann so vor weiterer Degeneration geschützt werden. Des Weiteren verhindert die beidfüßige Versorgung ein unterschiedliches Abrollverhalten der Füße, was weitere Folgeprobleme nach sich ziehen könnte.
Degenerativen Prozess bremsen
„Mit einer biomechanisch korrekt gebauten, überprüften Einlage können die Beschwerden so weit heruntergefahren werden, dass 70 Prozent der Betroffenen keine weiteren Maßnahmen benötigen“, beschreibt Dr. Metzger seine Erfahrungen zu den Erfolgsaussichten einer Einlagenversorgung beim Hallux rigidus. „Den degenerativen Prozess können wir freilich nicht stoppen, aber merklich bremsen. Letztlich entscheiden der vorhandene Verschleiß und die überlastungsbedingt wiederholt auftretenden entzündlichen und schmerzhaften Aktivierungen, ob ein weiteres Vorgehen nötig ist.“ Genügen Einlagen nicht, ergänzt der Mediziner die Therapie zunächst durch intraartikuläre Injektionen. Erst wenn der Hallux rigidus so weit fortgeschritten ist, dass auch danach noch Beschwerden bestehen, zieht Dr. Metzger eine Operation in Betracht – je nach vorliegendem Fall gelenkerhaltend oder nicht. Dazu arbeitet der niedergelassene Arzt mit einem breiten Netzwerk an Spezialisten zusammen, an die er verweist.
TRIactive-Einlagenrohlinge für Hallux rigidus
TRIactive Select rigidus – für die Akut-Therapie
Der Rohling kombiniert eine Rigidusfeder mit einer drei Millimeter starken TRIactive-Deckschicht. Aufgrund des festeren Materials ermöglicht er eine höhere Versteifung, stellt damit das Gelenk beim Abrollen komplett ruhig und mindert unmittelbar den Schmerz beim Gehen. Der Rohling ist somit für das Versorgen eines akuten Geschehens geeignet. TRIactive Select rigidus kann entweder mit Versteifungselement links oder rechts in Kombination mit einer um das versteifende Bauteil reduzierten Komplementäreinlage bestellt werden und bei Bedarf natürlich auch mit beidseitiger Versteifung.
TRIactive Comfort rigidus – für die Langzeit-Therapie
Der Rohling verfügt über eine Rigidusfeder aus einem etwas flexibleren Material. So bleibt der Hallux beweglich. Weiterhin wird empfohlen, die Einlage unter der Großzehenbeere des Patienten manuell leicht auszufräsen, um die Mobilität im arthrotischen Gelenk zusätzlich zu verbessern. TRIactive Comfort rigidus ist immer mit beidseitiger Versteifung erhältlich. Die Rigidusfeder kombiniert dieser Rohling mit mehr Bettung: Sowohl schuh- als auch sohlenseitig besteht der Rohling aus einer TRIactive-Funktionszonen-Bettung mit der Puzzle-Optik.
Bilder: Udo Schönewald, Bauerfeind AG
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