Arthrose·Knieschmerzen·Orthesen

„Die Patienten müssen früh kommen“

Begrenzte Knorpeldefekte im Kniegelenk

Von Bauerfeind Life Magazin am 16.07.2012

Kurz & knapp Wenn jüngere Arthrose-Patienten mit lokalen Knorpelschäden im Kniegelenk früh genug zur Behandlung kommen, lässt sich mit einer Umstellungsosteotomie wertvolle beschwerdearme Zeit gewinnen, betont PD Dr. med. habil. Peter Diehl.  

  • Therapieoptionen sind Knorpeltherapie, Behandlung mit Hyaluronsäure und Arthroskopie.
  • Nach der Umstellungsosteotomie kommt zur Stabilisierung und Führung meist die Knieorthese SecuTec Genu zum Einsatz.
  • Wichtige Therapieansätze gegen Arthrosebeschwerden sind Schmerztherapie und Muskelaufbau.

Jüngere Arthrosepatienten leiden weit häufiger unter einem „Schlagloch-Defekt“ als unter einer flächigen Abtragung der Knorpelschicht. „Der Therapieansatz ist ein ganz anderer als bei älteren Kniepatienten“, betont PD Dr. med. habil. Peter Diehl vom Orthopädie Zentrum München Ost (OZMO).

Ist das Knie prädestiniert für Arthrose?
PD Dr. Diehl: Nein, zumindest nicht in dem Sinn, dass hier unweigerlich Arthrose auftritt. Es kann jedes Gelenk treffen. Im Knie sehen wir Arthrose natürlich häufig, weil das Knie ein körperlasttragendes Gelenk ist. Aber auch die Hüfte ist ähnlich stark betroffen. Hier haben wir die Besonderheit , dass die Last auf einer relativ kleinen Gelenk­fläche verteilt wird.

Sie behandeln überwiegend jüngere Arthrosepatienten. Was ist dabei auffällig?
PD Dr. Diehl: Wenn junge Patienten Arthrose im Knie entwickeln, dann meist nach einem Unfall mit Bandverletzungen oder Brüchen mit Gelenkschäden. Sie erleiden bei dem Trauma in der Regel lokale Knorpelschäden, Schlagloch-Defekte. Teilweise liegt der Knorpel aber noch am Defekt an, so dass die Läsionen selbst im MRT kaum zu entdecken sind. Ein so initiierter Arthroseprozess kann schon bei einem 20-Jährigen nach einem Zeitraum von unter fünf Jahren Knochen auf Knochen reiben lassen.

PD Dr. med. habil. Peter Diehl vom Orthopädie Zentrum München Ost (OZMO).
PD Dr. med. habil. Peter Diehl vom Orthopädie Zentrum München Ost (OZMO).

Welche Therapieoptionen haben Sie bei den jüngeren Patienten?
PD Dr. Diehl: Bei lokal begrenzten Defekten kann eine Knorpeltherapie erfolgversprechend sein, zum Beispiel eine Knorpelzelltransplantation. Knorpeltherapien machen aber, abgesehen vom Knorpeldefekt , nur bei intakten Gelenkverhältnissen Sinn. Hilfreich in bestimmten Fällen ist auch die Behandlung mit Hyaluronsäure. Damit kann die lokale Entzündungsreaktion im Gelenk reduziert und die Gleitfähigkeit verbessert werden.
Eine Arthroskopie, kombiniert mit einem Gelenkdébridement , ist ebenfalls eine Option. Die Spülung und Entfernung bzw. Glättung instabiler Knorpelanteile oder des beschädigten Meniskus zeigt auch bei beginnender Arthrose und bei schon etwas älteren Pa­tienten teilweise gute Ergebnisse. Manchmal können so noch mehrere Jahre gewonnen werden.

Welche Maßnahmen gibt es noch?
PD Dr. Diehl: Parallel oder im Anschluss an eine Arthroskopie kann eine Achsenkorrektur, also eine Umstellungsosteotomie, durchgeführt werden. Mit ihr gewinnt man wiederum wertvolle, beschwerdearme Zeit. Im Schnitt sind zehn Jahre nach der Umstellung drin. Voraussetzung ist allerdings, dass die Patienten früh kommen. Sind die Voraussetzungen für eine Achsenkorrektur nicht gegeben, hilft eigentlich nur noch der Oberflächen- oder Gelenkersatz.

Wie sichern Sie nach einer Umstellungs­osteotomie das Operationsergebnis?
PD Dr. Diehl: Nach der Operation gehen die Patienten meist vier bis sechs Wochen lang an Unterarmstützen. Dabei sollen sie nicht voll belasten. Damit sich nichts verschiebt , auch nicht nach Stürzen, verwende ich meist die Knieorthese SecuTec Genu von Bauerfeind. Zudem lässt die Schiene nur geführte Bewegungen zu und dient zugleich dem Patienten gewissermaßen als Mahnung.

Bevor Sie umstellen oder einen Gelenkersatz implantieren: Welche Möglichkeiten haben Sie, die Schmerzen bei Arthrose zu reduzieren?
PD Dr. Diehl: Eine effektive Schmerztherapie ist natürlich das große Thema bei Arthrose. Um eine Vorstellung von der Schmerzempfindlichkeit im Gelenk zu bekommen, muss man sich Folgendes klarmachen: Der Knorpel selbst besitzt keine Schmerzrezeptoren oder Nerven. Knorpelabrieb führt zu einer chronischen Entzündung der Gelenkinnenhaut. Diese ist genauso stark innerviert wie die Schienbeinvorderkante, wodurch sich die zum Teil starken Gelenkschmerzen erklären lassen. Eine wichtige Säule der konservativen Schmerztherapie sind entzündungshemmende Medikamente. Ein weiterer wichtiger Therapieansatz sind die Bewegung und der damit verbundene Muskelaufbau. Generell ist eine gute Muskulatur das A und O jeder erfolgversprechenden Behandlung gegen Arthrosebeschwerden. Das setzt Bewegung wie zum Beispiel Fahrradfahren voraus. Bandagen, die geführte Bewegungen am Knie ermöglichen, sind – vor allem solange noch kein ausreichender Muskelmantel aufgebaut wurde – mit entscheidend. Denn durch sie werden die äußerst schmerzhaften Ausgleichsschritte, die kleinen, stechenden Rotationsbewegungen im Knie, weitestgehend vermieden. Selbst bei verschlissenen Gelenken können diese Bandagen den Menschen noch sehr gut helfen. Helfen müssen sich die Betroffenen aber auch selbst. Beispielsweise indem sie Übergewicht abbauen. Ein Kilogramm am Bauch macht sich aufgrund der Biomechanik mit drei Kilogramm am Knie bemerkbar.

Was raten Sie Sportlern mit Kniearthrose?
PD Dr. Diehl: Meine Erfahrung ist die: Damit das Knie ein paar Jahre länger hält , ist niemand bereit , auf seine Lieblingssportarten komplett zu verzichten. Also muss ein Kompromiss her. Beim Skifahren könnte der etwa so aussehen: Normale Piste bei guten Sicht- und Schneeverhältnissen ja, Buckel- und vereiste Pisten nein! Bei allen anderen Impact-Sportarten wie etwa Squash oder auch Fußball lasse ich nur ungern mit mir reden.

Bilder: privat , Bauerfeind

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