Kompressionsstrümpfe

Schwangerschaft ist Zusatzarbeit für die Venen

Begleitende Kompressionstherapie

Von Bauerfeind Life Magazin am 30.03.2016

Viele Schwangere klagen über geschwollene Füße, schwere Beine oder Besenreiser. Warum medizinische Kompressionsstrümpfe dann eine sinnvolle Unterstützung sind, erklärt die Essener Gynäkologin Dr. med. Marion Heck-Kneissle.

Frau Dr. Heck-Kneissle, wie wirkt sich eine Schwangerschaft auf die Venen aus?
Dr. Heck-Kneissle: In der Schwangerschaft kommt es zu einer Hormonverschiebung. Östrogen und Gestagen steigen massiv an. Gestagen, ein Gelbkörperhormon, führt zur Erweichung der Gefäßwände und zur Auflockerung des Bindegewebes. Dadurch sind die Wände der Blutgefäße nicht mehr so stabil. Gleichzeitig nimmt das Blutvolumen zu, weil die Gebärmutter und das Kind wachsen. Durch dieses Wachstum wird der venöse Rückfluss aus den Blutgefäßen der unteren Körperhälfte massiv eingeschränkt.

Dr. med. Marion Heck-Kneissle rät besonders den Frauen, die eine venöse „Vorgeschichte“ haben, schon zu Beginn der Schwangerschaft Kompressionsstrümpfe zu tragen.

Wie macht sich das bemerkbar?
Dr. Heck-Kneissle: Beispielsweise durch Schweregefühl in den Beinen, gerade wenn die Frauen noch im Beruf sind und lange stehen oder sitzen. Es können leichte bis schwere Beinschwellungen oder Knöchel­ödeme auftreten. Manchmal verändert sich die oberflächliche Gefäßzeichnung und es entstehen Besenreiser. Oder es bilden sich Krampfadern im gesamten Beinbereich.

Wie häufig treten diese Probleme in der Schwangerschaft auf?
Dr. Heck-Kneissle: In meiner Praxis leidet schätzungsweise ein Viertel der Patientinnen im Verlauf der Schwangerschaft an Venenproblemen. Bei Frauen mit einer Vorbelastung können sich die Beschwerden durch die Schwangerschaft massiv verstärken.

Sollten Schwangere grundsätzlich medizinische Kompressionsstrümpfe tragen oder nur, wenn sie viel stehen oder sitzen?
Dr. Heck-Kneissle: Das ist unterschiedlich. Frauen, die schon Besenreiser oder eine venöse „Vorgeschichte“ haben oder erblich vorbelastet sind, sollten schon zu Beginn der Schwangerschaft Kompressionsstrümpfe tragen. Dazu gehören genügend Bewegung, um die Beinmuskeln zu aktivieren, öfter mal die Beine hochzulegen und ununterbrochenes Sitzen oder Stehen zu vermeiden.

Welche Vorteile hat das Tragen von medizinischen Kompressionsstrümpfen in der Schwangerschaft?
Dr. Heck-Kneissle: Durch den definierten Druck der Kompressionsstrümpfe auf die überdehnten Venenwände können sich die Venenklappen wieder schließen. Der Blutrückfluss zum Herzen wird verbessert. Dadurch werden Symptome wie schwere Beine oder die Bildung von Besenreisern deutlich herabgesetzt.

Muss es eine Strumpfhose sein oder reichen Kniestrümpfe?
Dr. Heck-Kneissle: Das hängt vom individuellen Fall ab. Bei Frauen, die ausschließlich im Unterschenkelbereich leichte Schwellungen oder leichte Besenreiser haben, reichen schon mal Kniestrümpfe. Aber das ist selten. In der Regel brauchen Frauen mit Venenproblemen zumindest Oberschenkelstrümpfe oder im ausgeprägten Fall auch eine Strumpfhose.

Sprechen Sie die Patienten aktiv auf das Thema an?
Dr. Heck-Kneissle: Ja. Jede Schwangerschaft beginnt mit einem ausführlichen Vorgespräch, in dem eine komplette Familien- und Eigenanamnese erhoben wird. Dabei werden grundsätzlich die Beine angeschaut und die Vorbelastung der Patientin wird überprüft. Dazu gehört auch die Frage nach dem ausgeübten Beruf, den damit verbundenen Belastungen und eventuell auftretenden Beschwerden. Bei einer schwerwiegenden familiären Vorbelastung, nach einer Thrombose oder einer Lungenembolie sowie bei Gerinnungsstörungen ist das Tragen von Kompressionsstrümpfen sogar zwingend notwendig.

Wie lange nach der Schwangerschaft sollten die Kompressionsstrümpfe getragen werden?
Dr. Heck-Kneissle: Mindestens sechs Wochen. Auf jeden Fall noch über das Wochenbett hinaus, bis die Rückbildungsvorgänge abgeschlossen sind und sich die Hormonsituation wieder normalisiert hat. Das gilt besonders für Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten und von diesen Veränderungen noch stärker belastet sind.

Haben Sie Tipps, wie sich die Compliance der Patientinnen steigern lässt?
Dr. Heck-Kneissle: Etliche Frauen haben beim Thema Kompressionsstrumpf einen fes­ten, beigefarbenen Strumpf im Kopf. Schon die Verordner sollten darauf hinweisen, dass es mittlerweile ein breites Spektrum an modischen Farben und Mustern gibt. Produkte mit einem hohen Mikrofaseranteil können für zusätzlichen Komfort sorgen. Besondere Bedeutung kommt dem richtigen Anlegen zu: Kompressionsstrümpfe sollten am besten früh morgens angelegt werden, am besten noch im Bett. Insbesondere in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft können Anziehhilfen das Anlegen erleichtern. Und da die Haut durch das Tragen der Kompressionsstrümpfe trocken und schuppig werden kann, ist es wichtig, die Patientinnen auf eine regelmäßige Hautpflege hinzuweisen.

Hinweise zur Verordnung

Bilder: Bauerfeind

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