Kurz & knapp Seit 2001 vergibt Bauerfeind den Phlebology Award in Zusammenarbeit mit der International Union of Phlebology (IUP). Bauerfeind will mit dem Preisgeld in Höhe von 20000 Euro die Durchführung herausragender Studien auf dem Gebiet der Phlebologie mit Verbindung zur Kompressionstherapie unterstützen. Das im Jahr 2022 prämierte Studiendesign von Prof. Dr. Kasuo Miyake (São Paulo, Brasilien) und Prof. Fabricio Santiago wird untersuchen, wovon Berufstätige mit hoher Stehbelastung mehr profitieren: vom Tragen eines Kompressionsstrumpfes oder von einer Lymphdrainage. Prof. Alberto Caggiati aus Rom (Preisträger 2018) konnte in Ultraschalluntersuchungen sichtbar machen, dass die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen die Anzeichen für Gewebeentzündungen reduziert hatte, sowohl kutan als auch subkutan. Dr. habil. Győző Szolnoky aus Szeged (Ungarn) untersuchte die kardiologischen Effekte einer Kompressionstherapie bei Lip- und Lymphödem. Aus allen geförderten Studien ergeben sich weitere Forschungsansätze, um die Wirkmechanismen von Kompression noch besser zu verstehen. Mit dem Phlebology Award trägt Bauerfeind dazu bei, wichtige und durch Studien belegte Erkenntnisse in die ärztliche Praxis der Gefäßheilkunde zu überführen.
Kompressionsstrümpfe·Venenbeschwerden
Facetten der Kompressionsforschung
Bauerfeind Phlebology Award
Von Bauerfeind Life Magazin am 03.03.2023
Auf dem Weltkongress der International Union of Phlebology wurde im September 2022 der Bauerfeind Phlebology Award an Prof. Dr. Kasuo Miyake vergeben. Er und die Preisträger der Jahre 2018 und 2015, Prof. Alberto Caggiati und Dr. habil. Győző Szolnoky, erläutern ihre Forschungsansätze sowie deren Implikationen für die ärztliche Praxis, insbesondere mit Blick auf die Kompressionstherapie.
Pionier neuer Methoden
Prof. Dr. Kasuo Miyake aus São Paulo (Brasilien) ist einer der weltweit führenden Gefäßchirurgen und renommiert für innovative technische Behandlungsansätze, insbesondere in der Behandlung von Krampfadern. Gemeinsam mit Prof. Fabricio Santiago vom Institut für Venous and Lymphatics Disease in Goiânia (Brasilien) hat er 2022 den Bauerfeind Phlebology Award erhalten für das Design der Studie „Die Auswirkungen des Tragens von medizinischen Kompressionsstrümpfen auf berufsbedingte Beinödeme“, bezogen auf Berufsbilder mit hoher Stehbelastung.
life: Wie ist Ihre Studie aufgebaut, worauf liegt der Fokus Ihrer Forschung und welche Anwendung könnten die Studienergebnisse finden?
Prof. Dr. Kasuo Miyake: Das Hauptaugenmerk unserer Studie liegt auf der Frage, ob die Verwendung eines medizinischen Kompressionsstrumpfs besser ist als eine Drainagebehandlung. Dafür werden wir Berufstätige rekrutieren, die in einem Friseursalon arbeiten und am Ende ihres Arbeitstages über Ödeme klagen. Wir werden das Volumen der Beine am Morgen und am Ende des Tages messen und die Probanden werden entweder Kompressionsstrümpfe von Bauerfeind tragen oder zur Mitte ihres Arbeitstages eine einstündige Lymphdrainage an den unteren Gliedmaßen erhalten. Diese Studie kann sich auf die Verwendung von medizinischen Kompressionsstrümpfen für Menschen in Berufen mit hoher Stehbelastung weltweit auswirken.
Das Thema Kompression ist für Professor Miyake nicht nur ein Forschungsthema, sondern auch ein ganz praktisches aus seinem Arbeitsalltag als Gefäßchirurg. Er praktiziert sowohl am Hospital das Clínicas in São Paulo als auch in seiner Privatklinik Clínica Miyake ebenfalls in São Paulo. Dort führt er hoch spezialisierte Eingriffe nach der CLaCS-Methode durch. Das Akronym steht für Cryo-Laser-and-Cryo-Sclerotherapy, eine von ihm entwickelte Methode für die Behandlung von Beinvenenerkrankungen. Zum Behandlungsspektrum gehören CLaCS unter Sedierung, Phlebektomien kombiniert mit CLaCS oder endovenöse Laser- und Phlebektomien kombiniert mit CLaCS.
Ihr Vater war ebenfalls Phlebologe und Gefäßchirurg. Steht hinter CLaCS eine Familientradition?
Prof. Miyake: Ja, er hat mir in der Tat wesentliche Impulse für die Entwicklung von CLaCS gegeben. Ich habe das Verfahren auf Grundlage meiner Promotion entwickelt. Bereits in seiner eigenen Doktorarbeit hatte mein Vater die Sicherheit von Dextrose 75 % (D75) als Sklerosierungsmittel nachgewiesen. D75 verursacht keine Hautgeschwüre nach Anaphylaxie. Er riet mir, nur D75 und keine Detergenzien zu verwenden. Das befolgte ich – und als ich begann, mich mit transdermalen Lasern zu beschäftigen, beschloss ich, Laser und D75 zu kombinieren. Das erwies sich als wirksame Synergie. Und etwas später entdeckte ich, dass kleine Phlebektomien in 86 Prozent der Fälle vermieden werden können. Die Vorteile liegen also in der Sicherheit, der Möglichkeit größerer Eingriffe aufgrund des Fehlens von Toxizität und in der Wirksamkeit für ein schnelleres Ergebnis.
Wie wichtig ist Ihnen die Kompressionstherapie vor und nach der Operation? Welche Empfehlungen geben Sie Ihren Patienten in diesem Punkt?
Prof. Miyake: Ich glaube, dass der wichtigste Punkt bei der Kompressionstherapie die Qualität der Kompression ist.Mir fehlt bei nahezu allen Studien in der Fachliteratur eine intensivere Beschäftigung mit dem Druck bzw. der Qualität der Kompression, bevor Schlüsse gezogen werden. Ich verschreibe Produkte von Bauerfeind schon seit 2007. Meine Empfehlung ist die Kompressionsklasse 1, die für Patienten nach dem Eingriff ausreichend und angenehm ist, und er oder sie muss so nicht mit hochgelagerten Beinen liegen.
Was Kompression mit dem Herzen zu tun hat
Dr. habil. Győző Szolnoky, apl. Professor für Dermatologie an der Universität Szeged (Ungarn), forscht zu den systemischen Effekten von Kompression. Für seine Studie „Elastic compression elicited beneficial cardiovascular effects: a complex clinical study in healthy, lymphedematous and lipedematous individuals“ hat er 2015 den Phlebology Award erhalten. Seine neue Untersuchung „Lipedema with and without compression: the curious case of heart” schließt an die Ergebnisse der früheren Studie an.
life: Was stand im Fokus Ihrer 2015 ausgezeichneten Studie?
Dr. Győző Szolnoky: Wir haben in vergleichenden klinischen Studien Herzfunktion und Größe der Herzkammern mit und ohne flachgestrickte maßangefertigte Strumpfhosen der Klasse 2 bei sekundären Lymphödemen und Lipödemen mit der dreidimensionalen Speckle-Tracking-Echokardiographie (3DSTE) untersucht.
Welche Erkenntnisse konnten Sie zu Lymphödemen gewinnen?
Dr. Szolnoky: Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kompression den peripheren arteriellen Widerstand verringert, was die kardiale Nachlast verbessern könnte. Diese geringere Nachlast könnte die signifikant verringerte LV-Basalrotation nach 60-minütigem Tragen der Strümpfe erklären, was über die lokale Ödemreduktion hinaus positive Wirkung auf die Herzfunktion hat.
Wie lässt sich dieser Effekt für Lipödem-Patienten beschreiben, zumal bei veränderter Herzfunktion?
Dr. Szolnoky: Kompression verändert den LV-Rotationsmechanismus, lässt jedoch die Verwringung unverändert. Rotationsveränderungen können entstehen durch eine periphere arterielle Dilatation, die zu einer verminderten Nachlast führt, sowie durch eine Flüssigkeitsverlagerung aus den unteren Extremitäten, die zu einer höheren Vorlast führt. Die Funktion der Herzkammern lässt sich durch die Berechnung der proportionalen Längenänderung darstellen. Erhöhte LV-Basisspannungen bei Lipödem-Patienten könnten kompensatorische Effekte zur Aufrechterhaltung der LV-Pumpfunktion sein. Im Gegensatz zur linksatrialen Dehnung wird die LV-Dehnung durch das Tragen von Kompressionsstrumpfhosen erhöht.
Bringt das Tragen von Kompressionsstrümpfen bei Lipödemen also Vorteile für die Herzfunktion?
Dr. Szolnoky: Es ist momentan noch schwierig, aus der Grundlagenforschung eine konkrete Therapieempfehlung abzuleiten. Das Herz von Patienten ohne Rotationsanomalien könnte aus kardiologischer Sicht tatsächlich einen geringen Nutzen haben, da bei ihnen der periphere arterielle Widerstand vermutlich bis zu einem gewissen Grad verringert wird, zusammen mit einer verbesserten LV-Pumpfunktion.
Echogenität und Gewebeentzündung
Als Gefäßchirurg an einer Privatklinik in Rom (Italien) sieht Prof. Dr. Alberto Caggiati Venenödeme unterschiedlichster Ausprägungen. Alltag eines Phlebologen – doch bei Alberto Caggiati stieß die Praxis sein Forschungsinteresse an: Wie stellt sich nach vierwöchigem Tragen eines Kompressionsstrumpfs der Klasse 2 die Morphologie der kutanen und subkutanen Schichten in Beinen mit venösem Ödem dar? Mittels Sonographie hat Caggiati die strukturellen Veränderungen an 18 Patienten untersucht und damit einen neuen Weg beschritten. Für dieses Studiendesign wurde er 2018 ausgezeichnet.
Die Ultraschalluntersuchungen machten sichtbar, dass die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen die Anzeichen für Gewebeentzündungen reduziert hatte, kutan und subkutan. Die Fallzahl der Beine mit einem dermalen Ödem war deutlich zurückgegangen und das typische dreischichtige Erscheinungsbild der Haut war (bei verringerter Dicke der Hautschichten) wieder zu erkennen. Eine stark reduzierte Echogenität der subkutanen Schicht war markant. All diese in der Sonographie dargestellten Zeichen weisen mit Signifikanz auf eine Verringerung der Entzündung in ödematösen Beinen hin: „Die positive Wirkung von Kompression bei diesen Patienten war bekannt“, so Professor Caggiati, „meine Untersuchung weist nun auf eine bis dahin unbekannte entzündungshemmende Wirkung sowohl auf dermale als auch auf hypodermale Schichten hin. Diese anti-inflammatorische Wirkung ist wahrscheinlich für die Verbesserung der Symptome verantwortlich.“ Die Studienergebnisse zu Wirkung und Nutzen der veno-lymphatischen Drainage untermauern nach Ansicht Caggiatis die bestehenden Empfehlungen für Kompressionsstrümpfe.
Bilder: Bauerfeind, privat
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